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Tipps vom Psychologen Hoffnung haben im Lockdown-Loch: "Es ist nicht alles düster"

Bei vielen Menschen ist das emotionale Hoch der Weihnachtstage nun vorbei. Was hilft, um im Corona-Lockdown nicht in ein tiefes Loch zu fallen, sondern sich Lebensfreude zu schaffen oder zu erhalten?

Von Gespräch: Christina Bachmann, dpa 05.01.2021, 11:12
Christin Klose
Christin Klose dpa-tmn

Zeitlofs (dpa/tmn) – Corona-Lockdown nach den Weihnachtsferien: Das bedeutet für manche Menschen gerade eine unerträgliche Einsamkeit, für andere dagegen stressiges Homeschooling-Chaos.

"Das sind zwei Pole, die sehr gegensätzlich sind, zwischen denen sich aber mehr oder weniger alle finden", sagt der Psychologe Florian Stoeck, der zum Leitungsteam der Fachgruppe Notfallpsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen gehört.

"Ein großes Problem ist die Einsamkeit und das Gefühl von Alleinsein", sagt Stoeck. Wer allein wohnt und abgeschnitten ist von Freunden, Familie und Kollegen, kann im Lockdown vereinsamen. "Auf der anderen Seite ist da die Überforderung, etwa bei Familien mit mehreren Kindern. Vieles muss hier unter einen Hut gebracht werden."

Wichtig sei, sich klarzumachen: Die Situation hat irgendwann ein Ende. "Es ist ein begrenzter Zeitraum", macht der Psychologe Mut. "Auch wenn es noch Verlängerungen gibt, ist ein Ende absehbar."

Den Blick auf Schönes richten

Stoeck rät dazu, in dieser Phase nicht nur die Entbehrungen zu sehen, sondern auch Chancen. "Wir können die Zeit sinnvoll ausgestalten", betont der Psychologe. "Es ist vielleicht Zeit für Dinge, die sonst liegenbleiben, oder man hat mehr Zeit für die Kernfamilie."

Der Experte ermutigt auch dazu, bewusst nach dem zu suchen, was einem gut tut: "Wo kann ich Kraft tanken, was entspannt mich, was macht mir Freude, was gibt mir Energie?", sollte man sich fragen. Das kann ein entspanntes Wannenbad sein, lesen oder der Spaziergang in der Natur.

Vielerorts sind die Menschen gerade viel draußen unterwegs. Bewegung an der frischen Luft kann einem Stimmungstief entgegenwirken, glaubt Stoeck: "Wenn es unter Beachtung der Abstandsregeln passiert, ist das eine gute Sache." Gerade in der Natur sei viel zu entdecken: "Es ist nicht alles düster, kleine Pflanzen sprießen schon, Vögel singen."

Wer sich von Homeoffice, daheim lernenden Kindern und der Hausarbeit überlastet fühlt, kann nun vielleicht auch lernen, Nein zu sagen und Dinge liegenzulassen. "Man muss nicht alles schaffen", sagt Stoeck. "Die Wäsche kann zum Beispiel auch mal ein paar Tage warten."

Wenn nichts mehr geht: Hilfe suchen

Der Experte rät außerdem zu klaren Strukturen im Alltag: Es sollte Zeitfenster geben, die für Arbeit vorgesehen sind, und solche für die Gemeinschaft mit der Familie oder für Telefonate mit Freunden.

Wer das Gefühl hat, dass nichts mehr geht, sollte sich fachkundige Hilfe holen. "Wenn man nicht mehr abschalten oder schlafen kann, wenn man das Haus nicht mehr verlässt aus Angst, sich anzustecken", zählt Stoeck mögliche Situationen auf. "Oder wenn Gedanken auftauchen, sich selbst etwas anzutun, um die Situation zu beenden."

Hilfe gibt es zum Beispiel bei der Telefonseelsorge, bei sozialpsychiatrischen Diensten oder örtlichen Krisendiensten. "All diese Stellen sind gut per Telefon zu erreichen", sagt Stoeck. "Und auch an seinen Hausarzt kann man sich in so einem Fall wenden."

© dpa-infocom, dpa:210105-99-904161/1

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Theresa Stoeck
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