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Laut, bunt, golden: Deutschland böllert sich ins neue Jahr

Die Deutschen werden es an Silvester wieder richtig krachen lassen. Klassische Raketen gehören dann ebenso dazu wie aufwendige Batteriefeuerwerke. Der Trend? Möglichst wenig machen, möglichst viel und lang genießen.

Von Luisa Houben, dpa 28.12.2015, 11:36

Essen (dpa) -  Es wird zischen in der Silvesternacht, es wird wieder knistern und dröhnen am Himmel über Deutschland. Und doch soll beim kommenden Feuerwerk nicht alles so sein wie im vergangenen Jahr.

Batterien und sogenanntes Verbundfeuerwerk aus kombinierten kleinen und einzelnen Rohren soll nach den Wünschen der Hersteller am häufigsten über die Ladentheken gehen. Mit Fontänen und Feuertöpfen soll das Neue Jahr gefeiert werden, Bombetten, Kometen und Feuerwerksbomben werden auch dazu gehören. Für die Produzenten gilt die Devise: Laut muss es sein, schön bunt ebenfalls. Und möglichst wenig Arbeit soll es machen.

Im Idealfall zündet der Kunde einmal die Zündschnur an. Und dann genießt er die Show am Himmel, sagt Peter Brücken von Weco Feuerwerk in Eitorf bei Köln. Der Massenproduzent bietet in diesem Jahr neben 65 Neuheiten mit klingenden Namen wie Black Mamba, Frankenstein und Pyrotec für Profis weitere 35 neue Batterien mit eigener Choreographie. Die Nachfrage nach effektstarkem Batterie- und Verbundfeuerwerk steigt stetig, sagt Brücken. Jeder möchte sein eigenes kleines Fest zu Neujahr feiern. Da sei es vielen wichtig, auch einen individuellen Touch zu haben und Eindruck zu machen.

Böllern ist in Deutschland nur am letzten Abend des Jahres erlaubt - dann aber ausgiebig. Rund 129 Millionen Euro wurden im vergangenen Jahr für Artikel wie Chinaböller, Raketen und Feuerwerks-Batterien ausgegeben. Allein Weco produziert bundesweit jedes Jahr unter anderem mehr als 25 Millionen Silvester-Feuerwerksraketen, Hunderttausende Kanonenschläge, Reibkopf-Knaller sowie Diamant-Sonnen, Traumsterne und Knallbonbons.

Batterien machen in etwa die Hälfte des Gesamtumsatzes der Branche aus, doch die klassische Rakete ist beliebt wie eh und je. Sie hat immer noch ihre Freunde, sagt Klaus Gotzen, der Geschäftsführer des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI) in Ratingen (NRW).

Ein weiterer Trend beim diesjährigen Böllern ist der Goldeffekt. Wir müssen uns aus der allgemeinen Chemie-Trickkiste bedienen. Und dieses Jahr ist auch wieder Gold mit dabei, sagt Brücken. Der Bochumer Pyrotechniker Wolfgang Stabe stimmt ihm zu: Goldfarbene Feuerwerke werden heute mehr nachgefragt als Multicolor, sagt er. Die Farbe schmeichle vor allem bei einem Effekt, der die Funken in Form von Krakenarmen versprühe und lange am dunklen Himmel glitzern lasse. Die neuesten Produkte der Hersteller bieten aber ebenso grüne, rote, blaue oder silberne Sternchen an.  

Dabei ist nicht nur gut, was teuer ist. Auch Ware vom Discounter soll halten, was sie verspricht. Dort bekommen sie dem Preis entsprechend ein einfaches Feuerwerk, sagt Stabe. Eine gute Grundausstattung gebe es für um die 50 Euro. Eine sichere ebenfalls: Denn alle Feuerwerkskörper, die in Deutschland legal zu kaufen sind, sind geprüft und von der Bundesanstalt für Materialforschung für sicher erklärt worden. Dann sollten sie im Discounter genauso gut sein, wie in einem Fachgeschäft, sagt Verbandsgeschäftsführer Gotzen.

Trotzdem geht von Feuerwerkskörpern immer eine gewisse Gefahr aus. Denn unter anderem machen illegale Importe von Feuerwerk den Behörden weiterhin Sorgen, weil sie nicht den deutschen Sicherheitsvorschriften entsprechen und beim Abbrennen zu schweren Verletzungen führen können.

Damit die Silvesterparty nicht nach hinten los geht, sollte Sicherheit oberste Priorität haben. Wichtig ist, dass der Artikel standsicher aufgebaut wird und die Zündschnur am äußersten Ende angezündet wird, erklärt Stabe. Dabei solle man niemals den Kopf über den Feuerwerkskörper halten und ausreichend Abstand halten.

Achtsamkeit ist auch bei harmlosen Effekten geboten. Wunderkerzen, die Funken wie keine Sterne versprühen, sind einzeln zwar ungefährlich. Fangen aber 100 zeitgleich Feuer, zischt es ohrenbetäubend laut, es entsteht ein heller Feuerball - und im schlimmsten Fall steht ein Mensch in Flammen.

Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen, warnt Dietmar Bolte, Feuerwehrmann aus Münster. Er war in den vergangenen Silvesternächten schon oft wegen Verbrennungen, zerfetzten Gliedmaßen und Todesfällen im Einsatz - ausgelöst durch Feuerwerkskörper. Bolte rät dazu, die Verpackung zu lesen und nur nach Anleitung zu böllern. Die Altersvorschrift ist wichtig, es darf nicht gebastelt werden - und betrunken sollte der Mann an der Zündschnur auch nicht sein. Dann darf nichts passieren.

Das Geschäft mit illegalen Böllern aus Polen

Die Bllig-Böller aus Polen enthalten imGegensatz zu den in Deutschland zugelassenen Feuerwerkskörpern in derRegel Ammoniumnitrat mit einer 40-prozentigen Sprengkraft von TNT.Handhabungssicher sind die Dinger alle nicht, sagt derPyrotechniker Carsten Teller aus Frankfurt (Oder). Die sogenanntenVerzögerungszeiten bis zur Detonation sind nicht bestimmbar. Dielegalen Knaller mit dem Prüfzeichen der Bundesanstalt fürMaterialprüfung (BAM) dürfen je nach Größe lediglich zwei bis sechsGramm Schwarzpulver enthalten. Das zusätzliche CE-Zeichen nebstRegistriernummer ist ein Hinweis darauf, dass das Feuerwerk aufSicherheit kontrolliert worden ist.

Und genau diese Unterschiede in der Zusammensetzung sind es nachAnsicht Tellers gerade, die neben dem günstigen Preis ausschlaggebendfür den Kauf der illegalen Böller sein dürften. Die Versuchung istauch deshalb groß, weil die Knaller in Polen ganzjährig verkauftwerden. Seit Mitte November aber vergehe kein Tag, ohne das Zöllnerillegale Böller im Gepäck von Reisenden finden, sagt AndreasBehnisch, Sprecher des Hauptzollamtes Frankfurt (Oder). So schlimmwar es noch nie, sagt Behnisch.

Illegale Knaller werdennicht nur beschlagnahmt, der ertappte Schmuggler muss auch dieVernichtungskosten zahlen. Gegen ihn werde ein Strafverfahren wegenVerstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleitet, das nicht seltenvor Gericht ende.