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Bevölkerung muss mithelfen Schutz vor Viren: Experte ruft zur Mückenbekämpfung auf

Exotische Krankheitserreger wie das West-Nil-Virus werden von Mücken übertragen. Auch von Hausmücken. Doch die sind überall. Was tun dagegen?

25.10.2019, 13:54

Karlsruhe (dpa) - Im Kampf gegen die Übertragung tropischer Viren durch Mücken hoffen Experten auch auf die Hilfe der Bevölkerung. Das betonte Norbert Becker von der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs) in Speyer.

Anders als etwa die noch relativ seltene Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) sei die Hausmücke (Culex pipiens) überall. "Die kriegen wir nicht los, wir können sie nur eindämmen", sagte Becker.

Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland von heimischen Mücken übertragene West-Nil-Virus-Infektionen nachgewiesen wurden, seien auch ganz konventionelle Methoden gefragt: Von der Regentonne über die Gießkanne zur Vogeltränke - offene Wasserstellen in Gärten seien Brutstätten für Haus- wie Tigermücken und müssten ausgetrocknet oder abgedeckt werden. Der Experte empfiehlt auch sogenannte BTI-Tabletten für Regenfässer. Der biologische Wirkstoff zerstört den Darm von Mückenlarven und tötet sie.

Was ist mit der Tigermücke?

Um die genauen Übertragungswege festzustellen, sind nach Ansicht des professionellen Mückenjägers vom Oberrhein mehr Forschungen nötig - in jedem Fall aber eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Behörden und Mückenforschern. So gelte zum Beispiel die Rheinschnake für die Übertragung des West-Nil-Virus als unverdächtig, die Asiatische Buschmücke (Aedes japonicus) hingegen als Überträger.

Und was ist mit der Tigermücke? Die zugereiste Stechmücke ist zwar nicht so häufig, kann Becker zufolge aber mehr als 20 Viren-Arten übertragen, darunter das Zika-, Dengue- und Chikungunya-Virus. Die vor allem in Italien schon weit verbreitete Mückenart, die vom Atem und Schweiß des Menschen angelockt werde, sei nach Anfängen in Südbaden inzwischen in mehreren Gebieten heimisch.

Um Brutstätten trockenzulegen, "gehen wir von Haus zu Haus", sagt Becker. "Es ist wichtig, dass alle mitmachen. Ein oder zwei Grundstücke können ganze Gebiete verseuchen." Grund zur Panik gibt es nach seinen Worten zwar nicht. Aber gerade die Tigermücke müsse man im Auge behalten.

Sterile Männchen sollen helfen

Die Forscher tun dies schon seit Jahren. Sie wollen die Ausbreitung der Art auch mit Hilfe sterilisierter Männchen eindämmen. Einige 100.000 Exemplare haben sie zwischen April und Oktober ausgesetzt. "Es scheint sehr gut zu funktionieren", meint Becker.

Die Experten gehen davon aus, dass die Tigermücke in Sinsheim (Rhein-Neckar-Kreis) ausgerottet ist und "fast" in Heidelberg. Doch die Experten sind auf Hilfe der Bevölkerung angewiesen: "Wenn die Leute etwas Eigenartiges entdecken, sofort melden, so dass wir aktiv werden können", appelliert Becker.

Wie verbreitet ist die Tigermücke in Deutschland?

Die Asiatische Tigermücke, die auch in Europa Tropenkrankheiten übertragen kann, hat sich in diesem Jahr in Deutschland wahrscheinlich wenig ausgebreitet. "Wir kennen nur zwei neue Populationen in Bayern. Eine in München und eine in Fürth", sagte Doreen Werner, Mückenforscherin am Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung im brandenburgischen Müncheberg (Zalf). Nachweise habe es darüber hinaus nur an bereits bekannten Fundstellen gegeben, zum Beispiel in Frankfurt (Main), Heidelberg, Freiburg, dem Oberrheingraben und Jena.

Eine repräsentative Übersicht über die Tigermücken-Bestände in Deutschland gibt es nicht. Für Hinweise auf Populationen ist Werner auf die Mithilfe der Bevölkerung für das Forschungsprojekt "Mückenatlas" angewiesen. Jeder Interessierte kann dafür tote Stechmücken - gleich welcher Art - an das Zalf in Müncheberg schicken. Dort werden alle Blutsauger in Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Löffler-Institut für Tiergesundheit bestimmt. Bislang schickten private Mückenjäger rund 24.400 Tiere ein. In Deutschland gibt es geschätzt 50 unterschiedliche Mückenarten, weltweit rund 3500.

Woran erkennt man die eingewanderte Mückenart?

Tigermücken sind weiß gestreift. Sie umkreisen ihre Opfer in
Schwärmen, verfolgen sie penetrant und greifen auch beim Verscheuchen
schon nach wenigen Sekunden wieder an. Bekommt Doreen Werner ein
totes Exemplar zugeschickt, fährt sie meist sofort zur Fundstelle.
Manchmal ist es falscher Alarm und Tigermücken sind zum Beispiel in
einem Auto nach der Urlaubsrückkehr mit eingereist. Gibt es aber eine
Population, werden lokale Behörden für eine Bekämpfung informiert.
Manche Bestände sind so eliminiert worden und von der Karte im
Mückenatlas wieder verschwunden.