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Coronavirus-Pandemie DFL-Clubs stimmen ab: Zündstoff bei Fan-Rückkehr in Stadien

Die DFL konkretisiert ihre Pläne für eine eingeschränkte Rückkehr von Zuschauern in der 1. und 2. Bundesliga. Die wichtigsten Punkte treffen die Fan-Kultur in ihrem Kern.

Von Ulrike John, dpa 28.07.2020, 18:11
Roland Weihrauch
Roland Weihrauch dpa

Frankfurt/Main (dpa) - Keine Gästefans in den Fußball-Stadien bis zum Jahresende und ein Stehplatz- und Alkoholverbot mindestens bis zum 31. Oktober. Der Plan der Deutschen Fußball Liga für die Teilzulassung von Zuschauern zur neuen Saison in der 1. und 2. Bundesliga birgt viel Zündstoff.

Und er zeigt den Anhängern, dass noch lange keine Normalität in den Stadien herrschen wird. Über die entsprechenden Anträge des DFL-Präsidiums entscheiden die 36 Proficlubs am Dienstag bei der virtuellen Außerordentlichen Mitgliederversammlung. Unmut aus der Fan-Szene gibt es jetzt schon.

Die DFL hatte einen Leitfaden für die Rückkehr der Anhänger in die Stadien erstellt und die Clubs aufgefordert, lokale Konzepte zu erarbeiten. Sie sieht Abstimmungsbedarf, "ob es mit Blick auf bestimmte Aspekte ein einheitliches Vorgehen aller Clubs geben sollte". Bei den Entscheidungen genügt eine einfache Mehrheit. Mit den Maßnahmen will die DFL das Infektionsrisiko bei Spielen in der Corona-Pandemie verringern.

Nach Informationen der "Bild" wollen die Gesundheitsminister der Länder in zwei Wochen eine Entscheidung treffen, ob und wenn ja, in welchem Maße wieder vor Zuschauern gespielt werden kann. Dem Blatt zufolge einigten sich die zuständigen Politiker am Montag bei einer Schaltkonferenz darauf, die Entscheidung zu vertagen.

STEHPLÄTZE

Das Thema Stehplätze gilt als besonders sensibel, da diese in manchen ausländischen Ligen wie der englischen Premier League abgeschafft wurden. Zudem befinden sich gerade dort die stimmgewaltigsten und treuesten Anhänger. "Das Bekenntnis der DFL zum Erhalt von Stehplätzen in den Stadien der Bundesliga und 2. Bundesliga hat unverändert Bestand", betont die DFL. Es gehe aber bei einem vorübergehenden Verzicht darum, die Einhaltung und die Kontrolle der Einhaltung von Abstands- und Hygienemaßnahmen zu erleichtern.

Das Fan-Bündnis "Unsere Kurve" will keine Ungleichbehandlung von Zuschauern, "weshalb wir uns für die Zulassung von Gästefans aussprechen". Die DFL verweist darauf, dass am 31. Oktober die Corona-Verordnungen vieler Bundesländer auslaufen und man danach die Lage neu bewerten könne.

GÄSTE-TICKETS

Gemäß der Spielordnung stehen dem Gäste-Club zehn Prozent der Eintrittskarten zu. Diese Regelung soll bis zum Jahresende ausgesetzt werden. "Dies würde dazu beitragen, das bundesweite Reiseaufkommen von Fans - teilweise in öffentlichen Verkehrsmitteln - zu reduzieren und dadurch das Infektionsrisiko zu verringern", erklärt die DFL und betont: "Außer Frage steht dabei, dass Auswärtsfahrten von Fans einen wichtigen Bestandteil der deutschen Fußballkultur ausmachen". Sig Zelt, Sprecher der Organisation "Pro Fans", gibt zu bedenken, dass Bürger ja auch Reisen unternehmen dürfen: "Was mich unterschwellig stört, ist, dass die Fans als Risikofaktor gesehen werden, die sich nicht benehmen können", sagte Zelt der Deutschen Presse-Agentur.

VERFOLGUNG VON INFEKTIONSKETTEN

Beim Ticketverkauf sollen die Vereine dafür sorgen, dass Infektionsketten gegebenenfalls nachverfolgt werden können. Damit wolle man die Gesundheitsbehörden unterstützen. Details zur Umsetzung sollen den Clubs überlassen werden, gelten soll eine entsprechende Ergänzung der Spielordnung bis zum Jahresende.

"Denkbar wäre zum Beispiel, dass ein Ticketkäufer beim Erwerb entsprechende Daten hinterlegt und dieser im Fall einer erlaubten Weitergabe eines Tickets auch die Daten des Ticketnutzers mit Blick auf eine mögliche spätere Nachverfolgung von Infektionsketten erfasst", so die DFL. "Unsere Kurve" warnt davor, neue Technologien der Überwachung "durch die Hintertür des Gesundheitsschutzes" einzuführen und mahnt: "Vereine und Verbände müssen sicherstellen, dass keine Weitergabe von erfassten Daten an die Sicherheitsbehörden erfolgt."

ALKOHOLVERBOT

Beim Alkoholausschank verweist die DFL darauf, dass dieser ohnehin nur mit ausdrücklicher Einwilligung der örtlichen Behörden möglich ist. Grundsätzlich erklärt die Dachorganisation in ihrer Mitteilung vom Dienstag, dass alle Maßnahmen eine vorübergehende Anpassung seien, "um angesichts der andauernden pandemischen Lage die Einhaltung und die Kontrolle der Einhaltung von Abstands- und Hygienemaßnahmen in den Stadien zu erleichtern".

"Unsere Kurve" fordert in ihrem Positionspapier: "Fans und Fanvertretungen müssen zwingend bei allen Prozessen um die Wiederzulassung von Publikum eingebunden sein. Sie können wichtiges Wissen zur Umsetzbarkeit von Hygienekonzepten in Tribünen-Bereichen beitragen." Sie ist aber auch für gemeinsame Leitplanken, um einen "Flickenteppich an verschiedenen Vorgehensweisen" zu vermeiden.

Die Organisation "Pro Fans", die im Gegensatz zu "Unsere Kurve" nicht in der AG Fankulturen der DFL und des DFB vertreten ist und die Ultra-Szene vertritt, sieht die ganze Vorgehensweise hingegen kritisch. "Uns erschließt sich nicht die Notwendigkeit, dass alle Clubs bei diesen Punkten gleich handeln müssen. Schließlich wird die Krise ja auch föderalistisch gemanagt", sagte Zelt.

© dpa-infocom, dpa:200728-99-952151/6

Leitfaden der DFL für die Clubs

DFL-Mitteilung

Positionspapier von "Unsere Kurve"