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Buchmesse Frankfurt Ehrengastauftritt von Kanada wird verschoben

Durch den Gastland-Pavillon schlendern können Buchmessen-Besucher in diesem Jahr nicht. Aber lesend kann man Kanada ja auch kennenlernen.

Von Sandra Trauner, dpa 12.10.2020, 13:47

Frankfurt/Main (dpa) - Kanada wäre in diesem Jahr der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse gewesen, doch dann kam Corona. Der physische Gastlandauftritt wurde auf 2021 verschoben, das Land präsentiert seine Literatur 2020 aber zumindest online.

Viele Bücher kanadischer Autoren waren schon in der Pipeline der Verlage. Die Lektüre lohnt auch ohne Gastlandpavillon und Veranstaltungsfeuerwerk.

Einer der Spitzentitel ist "Das Flüstern der Bäume". Der zweite Roman von Michael Christie erschien am 5. Oktober bei Penguin (Random House). Es hat alles, was ein Bestseller braucht: ein aktuelles Thema, eine packende Geschichte, einen gut lesbaren Stil.

In der Rahmenhandlung steht die Welt im Jahr 2038 am Abgrund: "Das Große Welken" hat die Natur nahezu vollständig zerstört. Staubstürme fegen über die Erde - die Reichen verschanzen sich in klimatisierten Türmen, die Armen sterben am "Rippenwürger". Auf einer Insel vor Kanada liegt das Paradies dieser Zeit: die letzten Bäume der Erde. Eine Wissenschaftlerin führt Besucher, die Pilger heißen, über die Insel. Dass sie selbst Greenwood heißt wie die Insel, hält sie für Zufall - bis sie das Tagebuch ihrer Großmutter zugespielt bekommt.

Der Hauptteil erzählt die abenteuerliche Familiengeschichte der Greenwoods: der Opfertod der Großmutter und wie ein Landstreicher das Baby rettet; der Holz-Magnat, der aus Profitgier Wälder vernichtet und nur heimlich lieben darf; seine Tochter, die zur Ökokriegerin wird; ein Schreiner, der aus "wiedergewonnenem" Holz Luxus zaubert... Jede der Figuren ist spannend und ihre Geschichten sind spannend verwoben.

Die eigentliche Hauptperson ist der Wald. Er ist Einnahmequelle und Zuflucht, Grund für Verbrechen und Unfälle, Anlass für Entscheidungen und Fehler - und ein Gut, dessen Bedeutung dem Leser in dem Roman auf sinnliche Weise nahe gebracht wird. "Greenwood", so der Originaltitel, war für den bedeutendsten kanadischen Literaturpreis nominiert. "Eine atmosphärisch dichte Öko-Parabel, die zum Nachdenken anregt", urteilte der "Guardian" nach Erscheinen der Originalausgabe.

246 Bücher von kanadischen Autoren und Autorinnen liegen laut Buchmesse zum Messestart Mitte Oktober in deutscher Übersetzung vor. Darunter zum Beispiel Michael Crummeys "Die Unschuldigen", eine weitere Geschichte aus der kanadischen Wildnis. Es geht um zwei Kinder, die fern der Zivilisation ums Überleben kämpfen. "Was dir bleibt" von Jocelyne Saucier erzählt von der abenteuerlichen Reise einer alten Dame durch Kanadas Wälder.

Gänzlich ohne Kanada muss auch die wegen Corona zurechtgestutzte Buchmesse nicht auskommen. Das Land hat 20 virtuelle Events angekündigt, zum Beispiel ein 60-minütiges Gespräch mit Margaret Atwood, einer der berühmtesten kanadischen Autorinnen. Das Programm Kanadas steht unter dem Motto "Singular Plurality", ein Hinweis auf die Vielfalt der Kultur Kanadas. "Unser virtuelles Programm für 2020 wird ein Vorgeschmack auf das für 2021 geplante Programmpaket sein", versprach Steven Guilbeault, der Minister für kanadisches Kulturerbe.

© dpa-infocom, dpa:201012-99-914288/5

"Das Flüstern der Bäume"

"Die Unschuldigen"

Neuerscheinungen aus Kanada

Virtueller Auftritt Kanadas

"Was Dir bleibt"