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Formel 1 Ferraris endlose Fehlersuche - Vettels bittere Abschiedstour

Siege oder Podestplätze? Damit dürfte es für Sebastian Vettel im Ferrari nichts mehr werden. Die Fehlersuche bei der Scuderia geht weiter. Der schwer angezählte Teamboss bekommt Rückendeckung.

Von Thomas Wolfer, dpa 14.09.2020, 09:48

Mugello (dpa) - Sebastian Vettels Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Ferrari-Tristesse wurden umgehend zunichte gemacht.

Zwar werde die kriselnde Scuderia mit einigen technischen Verbesserungen am lahmenden Auto zum nächsten Formel-1-Rennen in knapp zwei Wochen ins russische Sotschi reisen, "aber diese werden das große Bild nicht verändern können", gestand Teamchef Mattia Binotto: "Um uns neu aufzustellen, brauchen wir mehr Zeit. Wir arbeiten unermüdlich im Windkanal und im Simulator, um unsere Schwierigkeiten zu ergründen."

Auch nach dem Desaster im 1000. Grand Prix des Traditionsrennstalls auf der hauseigenen Strecke in Mugello herrscht bei den Italienern Ratlosigkeit. Weder Vettel nach Platz zehn noch Charles Leclerc nach Rang acht ist ein Vorwurf zu machen. Mehr ist nicht drin. "Für Ferrari ist die Party vorbei", stellte "La Stampa" fest. Und der "Corriere della Sera" klagte: "Ferrari ist nur eine Illusion".

Die Realität bei Ferrari heißt: Mittelfeld. Und selbst da hat es der ganz offensichtlich völlig falsch konzipierte SF1000 schwer, mit den Hinterbänklern mitzuhalten. Im chaotischen Großen Preis der Toskana waren gerade mal zwölf Autos ins Ziel gekommen.

"Wir versuchen, aus den Rennen, die noch anstehen, aus der zweiten Hälfte, das Beste rauszuholen", sagte Vettel. Mit nur 17 Punkten ist er als 13. der WM-Wertung so schlecht wie nie zuvor in seiner Zeit bei den Topteams. Den Wechsel zu Aston Martin im kommenden Jahr dürfte der 33-Jährige aus Heppenheim kaum erwarten können. Es zeugt jedoch von Vettels Klasse, dass er seinen Noch-Arbeitgeber, bei dem er am Jahresende unsanft vor die Tür gesetzt wird, nicht öffentlich anzählt. Dabei hätte der viermalige Weltmeister allen Grund dazu.

Seit Monaten erbitten sich die Macher aus Maranello mehr Zeit. "Es ist das gesamte Projekt, das wir überdenken müssen. Für uns ist es wichtig zu beweisen, dass wir das Problem verstanden haben", sagte Binotto. Der Boss steht längst in der Kritik, erhält vom mächtigen Mutterkonzern aber weiter Rückendeckung und muss nicht um seinen Job bangen. "Ich bin fest davon überzeugt, dass wir die richtigen Leute haben, um mit Fähigkeit, Kompetenz und Hingabe wieder auf die Siegerstraße zu kommen", sagte Ferrari-Konzernchef John Elkann.

Vettel wird das Hoffen auf Besserung nicht mehr helfen, Siege und Podestplätze sind auf seiner Ferrari-Abschiedstour in weiter Ferne. "Es wird schwer, dass sich die Resultate noch deutlich verbessern", sagte er mit Blick auf die verbleibenden acht Rennen in der durch die Corona-Krise durcheinandergewirbelten Saison. Derzeit liegt sein Rennstall mit 66 Punkten chancenlos auf Rang sechs der so wichtigen Konstrukteurswertung, die Mercedes (325) auch im siebten Jahr nacheinander gewinnen dürfte. Auch Lewis Hamiltons siebter WM-Titel ist nur eine Frage der Zeit, sechs von neun Rennen gewann der Brite bisher. Auch in Mugello konnte niemand ernsthaft mit ihm mithalten.

"Es ist schwer zu beantworten, warum wir diese Probleme haben. Ganz offensichtlich gibt es mehrere Dinge", sagte Vettel, der seit knapp einem Jahr auf ein Erfolgserlebnis wartet, und bilanzierte: "Das Auto ist nicht schnell genug." Neben dem fehlenden Speed stellt der enorm hohe Reifenverschleiß auf der Strecke das Team vor unlösbare Rätsel. "Derzeit ist es wirklich hart", sagte der 22 Jahre alte Leclerc.

Der Monegasse soll das Team in die Zukunft führen, unterschrieb vor der Saison erst einen Vertrag bis 2024. Zusammen mit dem Spanier Carlos Sainz Junior, der Vettel künftig ersetzt, hatte das Team noch vor wenigen Monaten große Pläne. Diese scheinen erstmal nicht umsetzbar zu sein. "Ich hoffe, dass wir bald bessere Zeiten erleben werden", sagte Leclerc. Für Vettel könnte 2021 vieles besser laufen, wenn er im Wagen von Aston Martin sitzt und dann erstmals in seiner Karriere auf den stärkeren Mercedes-Motor vertrauen kann.

© dpa-infocom, dpa:200914-99-553911/2

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