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Leverkusen scheidet aus Mitternachtsspitzen gegen Schmidt - Hilbert der Gewinner

Bayer Leverkusen war nach dem achtbaren 0:0 bei Atlético Madrid trotz Ausscheidens stolz auf eine ordentliche Leistung. Zwischen den Zeilen gab es aber ziemlich deutliche Kritik an Ex-Trainer Roger Schmidt.

Von Holger Schmidt, dpa 16.03.2017, 08:40

Madrid (dpa) - Nach dem achtbaren Abschied aus der Champions League folgten die Mitternachtsspitzen gegen Roger Schmidt.

"Wir haben die Wiedergeburt des kontrollierten Fußballs erlebt", sagte Bayer Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade gleich im ersten Satz seiner Bankett-Rede im 30. Stock des Eurotowers von Madrid.

Es war zugleich ein Lob für den neuen Trainer Tayfun Korkut nach dem 0:0 im Achtelfinal-Rückspiel bei Atlético Madrid (das nach dem 2:4 im Hinspiel nichts mehr nutzte). Vor allem aber auch ziemlich deutliche Kritik am von ihm und Sportchef Rudi Völler (zu) lange gestützten Vorgänger Roger Schmidt. Der hatte stets stur an seiner Spiel-Idee festgehalten und Bayer ohne Plan B ins fußballerische Durcheinander gestürzt.

Zum lebenden Beispiel für Schmidts falsche Einschätzungen wurde zehn Tage nach dessen Beurlaubung im Vicente Calderón Roberto Hilbert. Der Rechtsverteidiger war von Schmidt komplett links liegen lassen geworden. Korkuts Vorgänger hatte den 32-Jährigen außer bei extremer Personalnot gar nicht mehr in den Kader berufen und ihm mitteilen lassen, er könne sich einen neuen Verein suchen. "Warum weiß ich nicht", sagte Hilbert nun: "Wir haben nicht miteinander gesprochen. Mir wurde immer gesagt, meine Chance werde kommen. Aber sie kam erst mit dem neuen Trainer."

141 Tage nach seinem bis dahin einzigen Saison-Einsatz beim Zweitrunden-Aus im DFB-Pokal in Lotte stand der achtmalige Nationalspieler plötzlich in der Startelf und feierte ein nicht mehr erwartetes Comeback gab. Wie lange er außen vor gewesen war, wusste er dabei selbst nicht. "Ich habe ihn gefragt, wann er das letzte Mal gespielt hat, aber da kam keine Antwort", berichtete Korkut. Am Ende war Hilbert beim torlosen Remis sogar der größte Gewinner. "Er hat sehr, sehr ordentlich gespielt", bestätigte Korkut: "Man hat gemerkt, dass er viele Spiele in den Knochen hat, auch internationale."

Als Bayers bester Feldspieler im vorerst letzten Königsklassen-Spiel ist Hilbert plötzlich wieder eine ernsthafte Alternative. Und als Stabilisator der lange wackligen Defensive vielleicht sogar mehr. Auf die Frage, ob er Genugtuung verspüre - vor allem gegenüber dem entlassenen Schmidt - antwortete Hilbert mit einem Schmunzeln. "Genugtuung klingt so schlecht", meinte er dann: "Und ich bin kein schlechter Mensch." Und - das weiß man in Leverkusen spätestens seit Mittwoch wieder - auch kein so schlechter Spieler.

Es wäre für Bayer beim Vorjahresfinalisten sogar ein Sieg möglich gewesen. Doch eine Slapstick-Einlage in der 68. Minute stand symbolisch für die mangelnde Überzeugung und Gier der Werkself. Viermal schossen die Leverkusener innerhalb von fünf Sekunden aus kurzer Distanz aufs Tor - doch der Ball wollte einfach nicht rein.

"Das war eine ganz bittere Szene", sagte Nationalspieler Kevin Volland, der mit dem zweiten und dritten Schuss an Atleticos Torhüter Jan Oblak gescheitert war. Zuvor hatte Julian Brandt ebenfalls in dem Slowenen seinen Meister gefunden, zum Abschluss setzte Chicharito den Ball neben das Tor. Korkut beantwortete die Frage, ob er eine solche Szene schon einmal gesehen habe, mit einem knappen "Nein" und sichtlichem Ärger. "Klar, das schmeckt uns überhaupt nicht, dass wir so viele Torchancen liegen gelassen haben. Und das wissen die Spieler auch", sagte er.

So oder so: Das 2:4 im Hinspiel - damals noch mit Schmidt - war eine zu große Hypothek.

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