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Vehs schwarze Stunde: Eintracht steckt in der Krise

Für Eintracht Frankfurt war das Derby gegen Darmstadt ein schwarzer Sonntag - auf den Tribünen und auf dem Platz. Kurz vor der Winterpause steckt der Verein in einer tiefen Krise.

Von Sebastian Stiekel, dpa 07.12.2015, 18:14

Frankfurt/Main (dpa) - Armin Veh ist seit mehr als 24 Jahren Trainer. Das verleiht seiner bitteren Einschätzung ein besonderes Gewicht. Das sei eine der schwärzesten Stunden dieser langen Laufbahn, sagte er mit leerem Blick und leiser Stimme nach der 0:1 (0:1)-Niederlage gegen Darmstadt 98.

Die Frage ist, was für Eintracht Frankfurt am schlimmsten war an diesem beinahe eskalierten Derbytag. Dass sich die eigenen Fans nach dem Spiel nur vom Anblick des großen Polizeiaufgebots und durch das Einschreiten der Frankfurter Spieler von einem Platzsturm abbringen ließen? Dass die Eintracht nach dem nächsten haarsträubend schwachen Auftritt nur noch einen Punkt Vorsprung auf den Relegationsplatz der Fußball-Bundesliga hat? Oder dass sie völlig zurecht gegen einen kleinen Nachbarn verlor, der vor zwei Jahren noch in der 3. Liga kickte? Das ist eine Situation, in der alles zusammenkommt, meinte Veh. In der schweren Krise seines Vereins wirkt er vor allem ratlos.

Am Ende eines in jederlei Hinsicht enttäuschenden Tages (Heribert Bruchhagen) war es dann der Vorstandschef, der zu allen Brennpunkten, wie man im wahrsten Sinne des Wortes sagen muss, Stellung bezog. Armin Veh bleibe natürlich Trainer, betonte Bruchhagen in einem Sky- Interview. Worauf man sich bei Eintracht Frankfurt verlassen kann, das ist die Geschlossenheit. Nach nur einem Sieg in den vergangenen zwölf Pflichtspielen ist außerdem die Verpflichtung neuer Spieler angedacht. So wie wir im Augenblick spielen, sind wir hochgradig gefährdet, sagte der Eintracht-Boss. Wir werden sicher darüber nachdenken müssen, im Winter nochmal Verstärkungen zu holen.

Vor allem aber fand Bruchhagen als beinahe einziger im Verein kritische Worte zum Verhalten der Fans. Ich bedauere das sehr und das ist nicht im Sinne von Eintracht Frankfurt, sagte er.

Schon vor dem Schlusspfiff waren im Block der SGE blau-weiße Fahnen und Schals des Gegners verbrannt worden. Nach dem Spiel drängten dann zahlreiche Anhänger aus dem Fanblock in den Innenraum des Stadions. Außerhalb der Arena konnte die Polizei gerade noch verhindern, dass Frankfurter Fans eine Gruppe Darmstädter Anhänger beim Gang Richtung S-Bahn attackierten. Dabei wurden dann zwei Journalisten tätlich angegriffen, einer musste zur Untersuchung ins Krankenhaus.

Als Konsequenz forderte Bruchhagen: Der Dialog ist unverzichtbar. Wir müssen immer wieder an die appellieren, die Vernunft zeigen und den Fußball lieben. Er kenne keine andere Möglichkeit, als intensiv durch Gespräche auf die Fans einzuwirken. Drakonische Strafen haben in der Vergangenheit zu keiner Veränderung geführt.

Aus den gemäßigteren Blöcken der Frankfurter Arena waren da schon längst die ersten Armin raus-Rufe zu hören. Wenn man da steht, wo wir stehen, ist das nicht außergewöhnlich, sagte Veh dazu.

Trotzdem wiederholt sich für den 54-Jährigen gerade ein Stück unangenehmer Geschichte. 2014 kehrte er zum VfB Stuttgart zurück - und schmiss nur vier Monate später als Tabellenletzter wieder hin. In diesem Sommer wärmte er mit der Eintracht die nächste alte Liebe neu auf - und steckt nun erneut in einer sportlichen Krise.

Ein weiterer Rücktritt kommt für ihn nicht infrage. In den mehr als 24 Jahren als Trainer hat sich Veh allerdings den Ruf erarbeitet, nur ein Mann für die schönen, erfolgreichen Zeiten seines Berufs zu sein. Krisenmanagement und das hartnäckige Aufkrempeln der Ärmel gelten nicht als seine Stärken. In den vergangenen Wochen etwa hat er zwar lange vor vielen anderen die sportlichen Probleme kommen sehen (Wir kämpfen, drei Teams hinter uns zu lassen.). Erfolgreiche Maßnahmen dagegen sind ihm aber bis heute nicht eingefallen.

Bei allen Dingen, die im Moment aussichtslos erscheinen, kommt irgendwann ein Lichtlein daher, das wieder leuchtet, sagte er am Sonntag. Als nächster Gegner kommt jetzt aber erst einmal Borussia Dortmund.