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Zugverkehr rollt wieder an "Entschärft": Viel Trubel um Weltkriegsbombe in Berlin

Dass ein ganzer Stadtteil quasi komplett stillsteht, kommt in Berlin auch nicht so oft vor. Jetzt ist genau das passiert. Der Grund ist mehr als 70 Jahre alt - und war trotzdem bis jetzt gefährlich. Ein Sprengmeister dazu: "Ich lebe jeden Tag, als wäre es mein letzter."

Von Verena Kensbock und Stefan Kruse, dpa 20.04.2018, 14:33
Auf diesem Baugrundstück in Berlin wurde die Weltkriegsbombe gefunden. Foto: Paul Zinken
Auf diesem Baugrundstück in Berlin wurde die Weltkriegsbombe gefunden. Foto: Paul Zinken dpa

Berlin (dpa) - Zehntausend in Sicherheit gebrachte Menschen, ein leerer Hauptbahnhof, Stillstand auch im Nahverkehr, geschlossene Schulen und Behördengebäude: Die Entschärfung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg hat Teile der Berliner Innenstadt stundenlang lahmgelegt.

Am frühen Freitagnachmittag gelang es Sprengmeistern des Landeskriminalamts, den Zünder der vor wenigen Tagen entdeckten Bombe zu entfernen und unschädlich zu machen. "Entschärft", twitterte die Polizei.

Vorausgegangen war eine der größten Evakuierungsaktionen der vergangenen Jahre in der Hauptstadt. Die Polizei bildete einen Sperrkreis mit einem Radius von 800 Metern um den Fundort, alle Bewohner dieses Gebietes mussten ihre Wohnungen zeitweise verlassen. Aus einem Mietshaus barg die Feuerwehr mittels Drehleiter einen Bettlägerigen durch ein Wohnungsfenster.

Betroffen waren Unternehmen, das Sozialgericht, das Bundeswirtschaftsministerium, der Bundesnachrichtendienst und ein Teil des Verkehrsministeriums. Charité und Bundeswehrkrankenhaus mussten ebenfalls teilweise geräumt werden. Das Museum für Gegenwartskunst und einige Schulen blieben ganztägig zu.

Die britische 500-Kilo-Bombe, 1,20 Meter lang und rund 50 Zentimeter im Durchmesser, war bei Bauarbeiten gefunden worden. Berlin war im Zweiten Weltkrieg öfter Ziel von Luftangriffen. Bei etwa 380 Bombenangriffen bis 1945 warfen Amerikaner, Briten und Russen Historikern zufolge mehr als 45.000 Tonnen Sprengstoff ab.

Der Berliner Hauptbahnhof, ein Verkehrsknoten, der normalerweise von bis zu 300.000 Menschen täglich frequentiert wird, glich einem Geisterbahnhof. Bereits ab 10 Uhr wurde er nicht mehr von Fernzügen angefahren, Reisende mussten auf umliegende Bahnhöfe ausweichen. Der öffentliche Nahverkehr wurde teilweise gesperrt.

"Eine vergleichbare Situation in diesem Ausmaß hatten wir noch nicht", sagte Friedemann Keßler, Leiter des Regionalbereichs Ost bei der Deutschen Bahn und verantwortlich für den Hauptbahnhof. Bahnsprecher Achim Stauß scherzte: "Der Hauptbahnhof ist schon zwölf Jahre alt, den können wir auch mal für ein paar Stunden alleine lassen."

Im Nahverkehr sollte der normale Betrieb relativ rasch wieder anlaufen. Beim Fernverkehr sollte sich die Situation nach Angaben der Deutschen Bahn im Verlauf des Nachmittags wieder langsam normalisieren.

Die Entschärfung der Bombe nahm ein fünfköpfiges Team um Polizeioberkommissar Engin Laumer vor. "Alles lief völlig problemlos ab", schilderte er. "Nach diesem Einsatz ist wohl jeder von uns froh, wenn er abends nach Hause gehen kann." Die Sprengmeister seien ein gut eingespieltes Team. Aber: "Ich lebe jeden Tag, als wäre es mein letzter", sagte Laumer. "Das gehört zum Job."

Polizeisprecher Winfrid Wenzel zog eine positive Bilanz. "Die Menschen waren gut informiert. Viele waren vernünftig, sind zu Hause geblieben, haben das Auto stehen lassen, sind aufs Fahrrad umgestiegen und haben den Sperrkreis gemieden. Echtes Verkehrschaos gab es nicht."

In der Vergangenheit gab es immer wieder Entschärfungen mit teils größeren Auswirkungen. Noch immer liegen nach Schätzungen der Berliner Umweltverwaltung etwa 3000 Bomben, Granaten und Munitionsreste unter der Erde.

Deutsche Bahn zu S-Bahn-Verkehr während der Entschärfung

Polizeibeamte evakuieren Wohnungen. Foto: Britta Pedersen
Polizeibeamte evakuieren Wohnungen. Foto: Britta Pedersen
dpa-Zentralbild
Experten der Polizei bereiten die Bombe für die Entschärfung vor. Foto: ---
Experten der Polizei bereiten die Bombe für die Entschärfung vor. Foto: ---
dpa
Rund um den Hauptbahnhof sind viele Straßen gesperrt. Foto: Britta Pedersen
Rund um den Hauptbahnhof sind viele Straßen gesperrt. Foto: Britta Pedersen
dpa-Zentralbild
Wer kann, lässt das Auto stehen und fährt mit dem Rad. Foto: Britta Pedersen
Wer kann, lässt das Auto stehen und fährt mit dem Rad. Foto: Britta Pedersen
dpa-Zentralbild
Etwa 300.000 Reisende und Besucher bewegen sich täglich über den Berliner Hauptbahnhof. Foto: Paul Zinken
Etwa 300.000 Reisende und Besucher bewegen sich täglich über den Berliner Hauptbahnhof. Foto: Paul Zinken
dpa
Die Bombenentschärfer vom LKA stehen neben der Weltkriegsbombe. Foto: Polizei Berlin
Die Bombenentschärfer vom LKA stehen neben der Weltkriegsbombe. Foto: Polizei Berlin
Polizei Berlin