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EU-Recht EuGH: Asylbewerber haben kein Recht auf legale Einreise

Bitteres Urteil für Flüchtlinge: Der Europäische Gerichtshof stärkt das Recht von Staaten, die die Vergabe humanitärer Visa verweigern. Freuen können sich die Hauptstädte - aber auch Kriminelle.

Von Ansgar Haase, dpa 07.03.2017, 13:40

Luxemburg (dpa) - Deutschland und andere EU-Staaten sind nach europäischem Recht nicht dazu verpflichtet, Asylbewerbern ein humanitäres Visum zur legalen Einreise auszustellen.

Aus dem Unionsrecht ließen sich keine derartige Verpflichtungen ableiten, urteilte der Europäische Gerichtshof am Dienstag. Die Mitgliedstaaten könnten alleine auf Basis ihrer nationalen Gesetzgebung über die Visa-Vergabe in Auslandsvertretungen entscheiden.

Der EuGH machte mit seiner Entscheidung die Hoffnungen von Flüchtlingen auf eine sichere und legale Einreisemöglichkeit in die EU zunichte. Gleichzeitig widersprachen die zuständigen Richter dem EuGH-Generalanwalt Paolo Mengozzi. Dieser war Anfang Februar in einem aufsehenerregenden Gutachten zu der Auffassung gelangt, dass EU-Staaten schutzbedürftigen Menschen eigentlich Einreisegenehmigungen erteilen müssten.

Hilfsorganisationen wie Pro Asyl bezeichneten das Urteil als traurig für den Flüchtlingsschutz. Sie verwiesen darauf, dass die meisten Schutzsuchenden damit weiter auf die Unterstützung krimineller Schleuserbanden angewiesen blieben.

Von Politikern europäischer Regierungsparteien wurde der Richterspruch hingegen begrüßt. "Der EuGH hat Rechtssicherheit in Fragen der Asylpolitik wiederhergestellt", kommentierte die Sprecherin der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament, Monika Hohlmeier (CSU). Ein anderslautendes Urteil hätte zu einer Flut von Anträgen in Botschaften und Konsulaten führen können.

In dem Ausgangsverfahren für das EuGH-Urteil geht es um ein syrisches Ehepaar, das mit seinen drei kleinen Kindern aus dem lange umkämpften Aleppo nach Europa fliehen will. Es beantragte dazu im belgischen Konsulat im libanesischen Beirut Visa. Das belgische Ausländeramt lehnte die Anträge allerdings ab. Die Behörde argumentierte, dass sich die Familie länger als die mit einem Visum bewilligten 90 Tage in Belgien aufhalten wolle - schließlich wollten die Syrer dort Asylanträge stellen.

Der EuGH bestätigte diese Rechtsauslegung nun. Es wies darauf hin, dass der EU-Visakodex nur für geplante Aufenthalte von höchstens drei Monaten gelte.

Über das Schicksal der Syrer muss nun der belgische Rat für Ausländerstreitsachen entscheiden. Er hatte den EuGH um eine Einschätzung zu dem Fall gebeten. Die belgische Regierung zeigte sich erleichtert. Der zuständige Staatssekretär Theo Francken schrieb über den Kurznachrichtendienst Twitter: "Jaaa! Gewonnnen!" Er hatte wiederholt davor gewarnt, dass eine Visavergabe an die syrische Familie einen gefährlichen Präzedensfall schaffen könnte, mit dem EU-Staaten die Kontrolle über ihre Grenzen verlieren könnten.

Von der syrischen Familie wurde zunächst keine Reaktion auf das Urteil bekannt. Sie war wieder in ihre Heimatstadt Aleppo zurückgekehrt, nachdem sie im vergangenen Oktober im Libanon die Visa für die Einreise nach Belgien beantragt hatte. Als Grund für ihr Gesuch hatte die Familie unter anderem ihren christlich-orthodoxen Glauben abgegeben, der sie der Gefahr einer Verfolgung aussetze. Zudem gab einer der Ehepartner an, er sei von einer bewaffneten Gruppe entführt, geschlagen und gefoltert worden. Das lange in Regierungs- und Rebellengebiete geteilte Aleppo ist mittlerweile wieder ganz in der Hand der syrischen Regierung.