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Chronologie Der Weg ins Aus: Zerstörte Hoffungen und Milliardenfiasko

Die HSH Nordbank sollte für die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ein Milliardengeschäft werden. Am Ende stand ein finanzielles Desaster. 15 Jahre nach ihrer Gründung wird die Bank nun verkauft.

28.02.2018, 18:58

Hamburg (dpa) - Am Anfang stand die Fusion zweier Landesbanken, am Ende der erzwungene Verkauf. Für Hamburg und Schleswig-Holstein wird die Geschichte der HSH Nordbank noch lange nachwirken.

Juni 2003: Die HSH Nordbank entsteht aus der Fusion der beiden Landesbanken von Hamburg und Schleswig-Holstein mit Hauptsitzen in Hamburg und Kiel sowie weiteren Niederlassungen.

2003 bis 2007: Die HSH Nordbank leiht sich billig Geld, für das die Länder bürgen. Sie investiert viel in scheinbar lukrative Finanzprodukte und wird weltgrößter Schiffsfinanzierer. Ziel der Länder, die im Aufsichtsrat den Ton angeben: Hohe Gewinne für ihre Haushalte. Ein Börsengang wird vorbereitet.

2008: Am 15. September kollabiert die US-Bank Lehman Brothers - der Höhepunkt der Finanzkrise. Viele Wertpapiere werden wertlos. Die Bank muss einen Verlust von fast drei Milliarden Euro ausweisen und die Länder um Hilfe bitten. Bankchef Hans Berger tritt im November als Vorstandschef zurück; sein Nachfolger wird Dirk Jens Nonnenmacher. Der Börsengang wird erst vertagt, dann abgesagt.

2009: Im Februar beschließen Hamburg und Schleswig-Holstein ein Rettungspaket. Die Bank erhält eine Kapitalspritze von drei Milliarden Euro, die Länder übernehmen eine Garantie für Verluste bis zehn Milliarden Euro. Mitte des Jahres übernimmt der frühere Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper den Vorsitz im Aufsichtsrat. Auf Druck der Bankenaufsicht vollzieht die Bank eine Kehrtwende zu einer Regionalbank mit wenigen Geschäftsfeldern: Firmenkunden, Schifffahrt, Infrastruktur, Immobilien. Alles andere wird in einer Abbaubank gebündelt und abgewickelt, auch die faulen Schiffskredite.

2010: Die HSH Nordbank erwirbt sich einen Ruf als Skandalbank. Es geht um eine dubiose Sicherheitsfirma namens Prevent, vermutlich untergeschobene Kinderpornos, Verdächtigungen und Intrigen, Kündigungen und Klagen. Das Ansehen der Bank ist auf dem Tiefpunkt und Nonnenmacher ihr Gesicht. Er wird angefeindet.

2011: Nonnenmacher muss im März gehen, sein Nachfolger wird Paul Lerbinger. Er drängt erfolgreich darauf, die teure Verlustgarantie zu reduzieren, von zehn auf sieben Milliarden Euro. Die Schifffahrt erholt sich etwas. Die Politik glaubt, die Krise der Bank könne glimpflich ausgehen. Die EU-Kommission erlässt strenge Auflagen, da die Bank durch Staatsbeihilfen gerettet und der Markt verzerrt wurde.

2012: Die Frachtraten sinken wieder, die Schifffahrt gerät erneut in die Krise und mit ihr die HSH Nordbank. Vorstandschef Lerbinger geht nach nur 19 Monaten. An der Spitze steht jetzt Constantin von Oesterreich. Es wird klar, dass die Verlustgarantie der Länder zumindest teilweise benötigt wird, um die Bank über Wasser zu halten.

2013: Die Länder beantragen bei der EU, die Garantie wieder auf zehn Milliarden Euro aufzustocken. Das zieht ein neues Verfahren nach sich, an dessen Ende der Zwangsverkauf steht.

2014: Der Vorstand der HSH Nordbank vom Ende 2007 wird nach einem Strafprozess freigesprochen. Die Manager standen wegen des Verdachts der Untreue bei einem Überkreuz-Geschäft mit der BNP Paribas vor Gericht. Das Geschäft sei sinnlos gewesen und der Vorstand habe seine Pflichten verletzt, so das Urteil. Die Pflichtverletzung sei aber nicht so schwerwiegend, dass sie strafbar wäre.

2015: Von Oesterreich versucht, die HSH Nordbank zu stabilisieren, aber die hartnäckige Schifffahrtskrise hat das Institut im Griff. Das Wasser steht der Bank bis zum Hals, die EU droht mit Abwicklung.

2016: Brüssel will das Problem mit der HSH Nordbank endgültig lösen und erlässt strenge Auflagen. Bis zum 28. Februar 2018 muss das Institut verkauft sein oder es wird abgewickelt. Finanzvorstand Stefan Ermisch wird der letzte Chef der HSH Nordbank und soll den Verkauf erfolgreich über die Bühne bringen. Die Länder übernehmen faule Schiffkredite im Nennwert von fünf Milliarden Euro. Heute sind sie 1,7 Milliarden Euro wert.

2017: Die Bank wird zum Verkauf ausgeschrieben und baut massiv Altlasten ab, um verkaufsfähig zu werden. Schließlich stehen vier Milliarden Euro faule Kredite in der Bilanz, davon drei Milliarden Euro Schiffskredite. Die Abbau-Bank hat sich halbiert.

2018: Hamburg und Schleswig-Holsteinverkaufen die HSH Nordbank für rund eine Milliarde Euro an eine Investorengruppe um den New Yorker Investmentfonds Cerberus und den US-Investor J.C. Flowers.