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Dobrindt muss Tempo machen Die harte Zielgerade für die Maut

Dass es einfach ist mit der Pkw-Maut, behauptet niemand. Nach langen Kämpfen ist Minister Dobrindt mit seinem heikelsten Projekt nun aber über eine entscheidende Hürde. Die letzte ist es noch immer nicht.

Von Sascha Meyer, dpa 24.03.2017, 16:32

Berlin (dpa) - Als aus der CSU die ersten Rufe nach einer Pkw-Maut kamen, hatte Alexander Dobrindt noch keinen Führerschein. Er sei das Warten leid, dass Nachbarstaaten ihre Autobahngebühren abschafften, ärgerte sich damals der CSU-Verkehrsexperte im Bundestag, Dionys Jobst.

Deshalb sollten Ausländer an der Grenze für 60 Mark Plaketten für die deutschen Autobahnen kaufen - und Inländer im Postamt, denen dann aber die Kfz-Steuer um 60 Mark gesenkt werden sollte. Das war 1984. Und die Maut blieb lange nur ein christsozialer Wahlkampfknüller.

Mehr als 30 Jahre später hat Dobrindt die Idee aus den Bierzelten auf die politische Zielgerade befördert. Seine komplette Amtszeit als Bundesverkehrsminister kämpft der 46-Jährige nun schon für eine Maut, die unterm Strich nur Fahrer aus dem Ausland belastet. Und am Freitag beschließt der Bundestag ein Gesetzespaket, mit dem Dobrindt seine "Infrastrukturabgabe" im zweiten Anlauf endlich perfekt machen will.

Denn eigentlich hat das Parlament die Maut-Einführung schon vor zwei Jahren beschlossen, am 27. März 2015. Dobrindt musste dann aber alles auf Halt stellen, weil die EU-Kommission ihm ein Verfahren wegen verbotener Benachteiligung von Ausländern aufbrummte. Zentraler Kritikpunkt: Nur Inländer sollen über eine niedrigere Kfz-Steuer voll für die Maut entlastet werden. Im Dezember 2016 einigte sich Dobrindt überraschend mit Brüssel auf Änderungen an seinem Modell, die ihm nun doch noch freie Bahn für das Vorhaben verschaffen sollen.

Dabei geht es um Nachbesserungen in zwei Punkten: Die Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland sollen mit sechs statt drei Preisstufen stärker gestaffelt werden. Außerdem soll die Entlastung für Inländer bei der Kfz-Steuer aufgestockt werden - um jährlich 100 Millionen Euro zusätzlich für besonders abgasarme Euro-6-Autos.

Weniger umstritten ist die Maut in der Version 2.0 allerdings nicht geworden, wie im Bundestag schnell klar wird: Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter schießt scharf gegen das "völlig absurde Projekt" einer "kleinen Provinzpartei aus Bayern" und wettert: "Es gibt keine diskriminierungsfreie Diskriminierung." Dobrindt hat inzwischen aber die EU-Kommission als Fürsprecherin an seiner Seite, die nun alles "mit EU-Recht in Einklang" sieht. "Die deutsche Pkw-Maut ist ein europäisches Projekt", verkündet der Minister denn auch offensiv.

Auch die Linke trommelt gegen die Maut, die sofort versenkt gehöre, wie Verkehrsexperte Herbert Behrens sagt. Ein eigens eingebrachtes "Infrastrukturabgabenaufhebungsgesetz" mit dem Kürzel "InfrAGAufhG" findet aber erwartungsgemäß keine Mehrheit. Das liegt daran, dass die mitregierende SPD das Projekt des Koalitionsvertrags mitträgt. Für ihr Ja holten die Sozialdemokraten aber erst noch eine Art Testat des Finanzministeriums dazu ein, ob die Maut wirklich 500 Millionen Euro pro Jahr für Investitionen bringt, wie Dobrindt unbeirrt verspricht.

Jenseits der Koalitionsräson feuert SPD-Fraktionsvize Sören Bartol dann auch gleich eine Reihe von Salven gegen die Union ab. "Unsere Vorhaben sind bereits in Kraft", stichelt er etwa mit Blick auf den Mindestlohn. Und überhaupt habe doch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2013 im TV-Duell gesagt, mit ihr werde es keine Pkw-Maut geben. Bekanntlich schaffte es das CSU-Projekt - mit der eisernen Vorgabe, dass kein Inländer draufzahlt - dann doch in die Regierungsagenda.

Die Maut ins Ziel zu bringen, kann für Dobrindt dabei noch hart werden. Letzte Hürde ist der Bundesrat, der mautfreie Autobahnen in Grenznähe herausholen will, um Einbußen für Handel und Tourismus zu vermeiden. Dobrindt mag dieses Fass aber nicht noch mal aufmachen, auch wenn er im Bundestag zum Thema schweigt.

Alles zu Fall bringen kann der Bundesrat nicht, weil die Maut nicht zustimmungspflichtig ist. Einige Länder sammeln aber schon Truppen für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses. Das könnte das ganze Verfahren verzögern und die Maut - je nach Eskalationsbereitschaft - sogar bis zur Bundestagswahl am 24. September versanden lassen.

Der Mautminister drückt jedenfalls schon aufs Tempo. Denn nach dem Gesetzgebungsverfahren steht auch noch die Ausschreibung für die technische Umsetzung des Mautsystems an, die wiederum Monate braucht. Bis Autofahrer zahlen müssen, dauert es ohnehin noch länger. Den konkreten Start seiner Maut peilt Dobrindt inzwischen für 2019 an.