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Fragen und Antworten Lange Nacht und kurzer Showdown für die Maut

Der Dauerstreit um die Pkw-Maut ist nach langen Auseinandersetzungen tatsächlich: geklärt. Gegen alle Zweifel setzt sich Minister Dobrindt durch, am Ende in einer Zitterpartie. Mautgegner gibt es auch noch.

Von Sascha Meyer, dpa 31.03.2017, 15:00

Berlin (dpa) - Kurz vor dem Ziel wird es noch einmal brenzlig. Von einer "spannenden und langen Nacht", spricht Alexander Dobrindt am Vormittag im historischen Gemäuer des Bundesrats. "Das muss man nicht jeden Tag erleben."

Da hat der Bundesverkehrsminister in der Länderkammer gerade sein heikelstes Projekt über die letzte Hürde bekommen - die umkämpfte Pkw-Maut, die für seine CSU nicht weniger ist als ein Beleg christsozialer Durchschlagskraft im Bund. Etlichen Bedenken und noch mehr Unkenrufen zum Trotz hat Dobrindt politisch "geliefert" - auf der Straße ist die Maut damit aber noch nicht.

Worum ging es im Bundesrat?

Um die Einführung der "Infrastrukturabgabe" endlich voranzubringen, muss Dobrindt die seit 2015 geltenden Maut-Gesetze ändern, die er notgedrungen geparkt hat. Mit dieser Zusage holte er die kritische EU-Kommission ins Boot, die im Gegenzug grünes Licht für die Maut versprach. Nun kann Dobrindt Vollzug nach Brüssel melden. Konkret geht es um neue Preisstufen der Kurzzeittarife für Fahrer aus dem Ausland und eine höhere Maut-Entlastung für Inländer mit sauberen Euro-6-Autos bei der Kfz-Steuer. Der Bundestag hat das Paket vor einer Woche beschlossen, jetzt ist es auch durch den Bundesrat.

Warum haben die Länder die Maut nicht gestoppt?

Dass es unter den Ländern massive Vorbehalte gegen die Maut gibt, war von vornherein klar. Zustimmungspflichtig ist das Paket jedoch nicht. Am Donnerstagabend sieht es aber so aus, dass Truppen zusammenkommen, um den Vermittlungsausschuss anzurufen und das Verfahren zu verzögern - womöglich so lange, dass es bis zur Bundestagswahl am 24. September versanden könnte. Also sind wieder die schwarz-roten Parteichefs am Zuge, die von Anfang an eine schützende Hand über die Maut halten, die ja im Koalitionsvertrag steht. CSU-Chef Horst Seehofer droht für den Fall einer Ablehnung Konsequenzen bei anderen Themen an, wie er später berichtet: "Warum sollen dann die Bayern sich an gegebene Worte halten?" Bis zum frühen Morgen wird viel telefoniert. Der eigentliche Showdown im Bundesrat ist kurz: Vermittlungsverfahren? Minderheit.

Wann kommt die Maut denn nun?

Für Autofahrer aus dem In- und Ausland bleiben die Autobahnen und Bundesstraßen erstmal gratis. Denn den Start der Maut peilt Dobrindt erst für 2019 an. Für ihn selbst drängt trotzdem die Zeit, will er sein Vorhaben bis zur nahenden Bundestagswahl so unumkehrbar wie möglich machen. Vom Tisch sind dabei nun mögliche erneute Änderungen des Maut-Modells, für die sich die Länder vergeblich stark gemacht haben: Ausnahmen für mautfreie Autobahn-Abschnitte an den Grenzen, um befürchtete Einbußen für Geschäfte und Gaststätten zu vermeiden.

Wie geht es weiter?

Dobrindt kann nun die nächsten Schritte angehen. "Jetzt mus alles wieder anlaufen, was wir an Abwicklung unterbrochen haben." Da ist vor allem eine europaweite Ausschreibung für den künftigen privaten Betreiber des Systems zur Maut-Erhebung, die wiederum mehrere Monate beanspruchen dürfte. Farbe bekennen können nun auch Nachbarländer, die seit Monaten eher allgemein mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof drohen. Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried kündigt denn auch prompt an, "zeitnah" rechtliche Schritte einzuleiten. Und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter erkennt zumindest einen Vorteil: "Das Ganze hat sich so lange verzögert, dass diese Maut in der nächsten Legislatur noch gestoppt werden kann."