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Porträt Netanjahu: Eloquenter Staatschef unter Korruptionsverdacht

Benjamin Netanjahu ist eine umstrittene Figur. Doch an seinen politischen Fähigkeiten zweifelt kaum jemand. "Bibi" droht eine Korruptionsanklage - kann er dennoch zum fünften Mal Israels Regierungschef werden?

Von Sara Lemel, dpa 07.04.2019, 17:28

Jerusalem (dpa) - Sollte Regierungschef Benjamin Netanjahu aus der Wahl am Dienstag erneut siegreich hervorgehen, würde er im Sommer Israels dienstältester Ministerpräsident seit der Staatsgründung 1948.

Es wäre die fünfte Amtszeit des 69-Jährigen, der viele Israelis davon überzeugt hat, dass er als Staatenlenker unersetzlich ist. Netanjahu war bereits von 1996 bis 1999 Ministerpräsident und ist seit 2009 durchgängig im Amt.

Zur Gründung eines Palästinenserstaates hat der 1949 in Tel Aviv geborene Politiker immer wieder widersprüchliche Aussagen gemacht - mal dafür, mal dagegen. Tatsache ist jedoch, dass der Friedensprozess mit den Palästinensern während seiner Amtszeiten ins Stocken geraten und dann 2014 ganz zum Erliegen gekommen ist.

Netanjahu macht dafür die Palästinenser verantwortlich und beklagt, es gebe auf der anderen Seite "keinen Partner" für eine Versöhnung. Nach der Wahl will Netanjahus enger Bündnispartner, US-Präsident Donald Trump, seinen lange angekündigten Friedensplan für Israel und die Palästinenser veröffentlichen.

Kritiker werfen Netanjahu vor, er sichere sich seinen Machterhalt, indem er die tiefsten Ängste der Israelis schüre und verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufhetze. Er stilisiert sich seit Jahren als "Mr. Sicherheit", warnt vor expansiven Bestrebungen und einer atomaren Aufrüstung des Irans, um sich selbst als einzigen Schutzpatron Israels zu präsentieren. "Bibi" verweist auch oft auf seine Vergangenheit in der Armee, wo er als Kommandeur der Elite-Einheit "Sajeret Matkal" diente. Netanjahu ist in dritter Ehe verheiratet, Vater von drei Kindern und mehrfacher Großvater.

Im Wahlkampf versuchte der redegewandte Politiker gezielt, seinen wichtigsten Herausforderer, Ex-Militärchef Benny Ganz vom Bündnis Blau-Weiß, als unerfahren und entscheidungsschwach darzustellen. "Netanjahu. Rechts. Stark", lautete ein Slogan seiner rechtsorientierten Likud-Partei. "Ganz. Links. Schwach."

Als Ministerpräsident hat er viele Erfolge vorzuweisen: Israels wirtschaftliche Lage ist stark, es hat sich in den vergangenen Jahren zu einem weltweiten Vorreiter im Bereich Hightech entwickelt. Netanjahu ist hinter den Kulissen auch eine Annäherung an arabische Staaten wie Saudi-Arabien gelungen.

Gleichzeitig hatte der Regierungschef aber wegen der hohen Lebenshaltungskosten in seinem Land mit anhaltenden sozialen Protesten und schweren Korruptionsvorwürfen zu kämpfen. Israels Generalstaatsanwalt will in drei Fällen Anklage gegen ihn erheben, abhängig von einer Anhörung. Auch seine Ehefrau Sara, die bei öffentlichen Terminen nicht von seiner Seite weicht, steht wegen Untreue und Betrugs vor Gericht.

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