"Verbindliches Referendum" Katalanen halten an verbotener Unabhängigkeitsbefragung fest
Die Fronten in der Katalonienfrage sind verhärtet. Die Regierung in Barcelona will ihre Referendumspläne eisern durchziehen, Madrid erhöht den Druck. Am Sonntag soll nun abgestimmt werden.
Barcelona (dpa) - Trotz eines gerichtlichen Verbots und zahlreicher Behinderungsaktionen der spanischen Behörden will die Regierung der Region Katalonien am Sonntag ein "verbindliches Referendum" über ihre Unabhängigkeit veranstalten.
"Wir haben bereits gewonnen. Wir haben die Ängste, die Drohungen, den Druck und die Lügen besiegt", rief der regionale Regierungschef Carles Puigdemont am Freitagabend zum Wahlkampfabschluss vor Zehntausenden Separatisten im Zentrum der katalanischen Hauptstadt Barcelona. Die Veranstalter gaben die Teilnehmerzahl mit rund 80 000 an.
Mehr als 5,3 Millionen Katalanen sind aufgerufen, in einem der 2315 Wahllokale ihre Stimme abzugeben. Auf Betreiben der Madrider Zentralregierung wies die Generalstaatsanwaltschaft die Polizei aber an, die Wahllokale abzusperren. In ganz Katalonien besetzten deshalb Politiker, Lehrer und Eltern in der Nacht zum Samstag Hunderte von Schulen und zahlreiche weitere öffentliche Gebäude, die als Wahllokale dienen sollen. Sie veranstalteten unter anderem Filmvorführungen und Partys. Katalanische Polizisten räumten die besetzten Gebäude nicht, erstellten aber Berichte.
Madrid versucht derweil, die Befragung mit allen Mitteln zu verhindern. In den vergangenen Tagen waren bei Dutzenden von Razzien in Druckereien und Regionalministerien mindestens zwölf Millionen Wahlzettel sowie Millionen von Wahlplakaten und Broschüren beschlagnahmt worden. Viele Webseiten wurden gesperrt. Mehr als 4000 Angehörige der staatlichen Polizeieinheit Guardia Civil und der Nationalpolizei wurden nach Katalonien entsandt.
Am Samstag setzten die spanischen Behörden nach eigenen Angaben auch das System zur Auszählung von Stimmen in der Region außer Betrieb. Durch eine Blockade des elektronischen Systems habe man die von der Justiz verbotene Abstimmung "annulliert", sagte der Sprecher der Zentralregierung, Íñigo Méndez de Vigo, in Madrid.
Der Madrider Ministerpräsident Mariano Rajoy beteuerte mehrfach, das Referendum werde auf keinen Fall stattfinden. Die Gegner der Separatisten wollen ohnehin nicht an der Abstimmung teilnehmen. Was am Wahltag geschehen wird, wagt niemand vorherzusagen. Erwartet werden größere Demonstrationen. Ob und wann ein Ergebnis verkündet wird, ist unklar.
Die Zahl der Befürworter einer Abspaltung Kataloniens von Spanien lag in den vergangenen Jahren zwischen knapp 40 und 50 Prozent. Schon seit 2012 finden immer wieder Massendemonstrationen der Separatisten statt. Kundgebungen der Gegner des Referendums und der Unabhängigkeit gibt es in Barcelona allerdings kaum.
Dafür versammelten sich in Madrid am Samstag Hunderte von Menschen vor dem Rathaus der spanischen Hauptstadt, um gegen die vom Verfassungsgericht verbotene Abstimmung zu protestieren. Die Demonstranten forderten, dass der separatistische katalanische Regierungschef Carles Puigdemont festgenommen wird. Sie skandierten unter anderem: "Separatisten, Terroristen!" und "Viva España!". Zum Protest vor dem Rathaus rief die rechtskonservative "Stiftung zum Schutz der Spanischen Nation" (DENAES) auf.
Allein in Madrid sollte es insgesamt drei Kundgebungen zur Unterstützung des Referendums und des "Rechts auf Selbstbestimmung" sowie drei gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien geben.
Auch auf Mallorca ließ das katalanische Referendum viele Menschen nicht kalt. Nachdem sich am Freitagabend bereits rund 3500 Menschen in Palma mit den Separatisten solidarisch erklärt hatten, protestierten am Samstag in der Inselhauptstadt unter dem Motto "Wir alle sind Spanien" rund tausend Gegner der Volksbefragung.