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Verwirrung über Umsiedlung Netanjahu kündigt Flüchtlingsdeal für Tausende Migranten

Israel wollte rund 40.000 afrikanische Flüchtlinge abschieben. Dann verkündet Netanjahu, das UN-Flüchtlingshilfswerk werde Tausende Migranten in westliche Länder umsiedeln. Nun hat er nach Stunden der Unsicherheit das Abkommen endgültig gekündigt.

03.04.2018, 13:54

Tel Aviv (dpa) - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat den Umsiedlungsplan für Tausende afrikanische Migranten mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR endgültig gekündigt.

Er habe sich in den vergangenen 24 Stunden intensiv mit seinem Innenminister und mit Bürgervertretern ausgetauscht und sich zur Aufkündigung des Abkommens entschlossen, sagte er am Dienstag. Netanjahu gab damit nach Medienberichten dem Druck von Bürgern und Mitgliedern der rechts-religiösen Regierung nach, die deutlich mehr Migranten aus dem Land haben wollen.

Israel hatte am Montag eine Vereinbarung mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk zur Umsiedlung von 16.000 afrikanischen Flüchtlingen in westliche Länder nach wenigen Stunden überraschend wieder auf Eis gelegt. Im Gegenzug hätten weitere 16 000 Afrikaner zumindest vorerst im Land bleiben dürfen und einen "offiziellen Status" erhalten sollen. Was mit Tausenden weiteren afrikanischen Migranten hätte passieren sollen, war zunächst unklar.

Israel hatte Ende 2017 angekündigt, bis zu 40.0000 afrikanische Flüchtlinge in Drittländer abzuschieben. Ein Grund war die Kritik von Anwohnern aus dem Süden Tel Avivs. Viele Migranten leben dort in ärmlichen Vierteln, es kommt immer wieder zu Spannungen mit israelischen Einwohnern.

Anwohner kritisierten denn auch den Plan wegen der im Land verbleibenden mindestens 16.000 Migranten. "Die Bewohner von Süd-Tel Aviv werden den Kampf so lange fortsetzen, bis der letzte Eindringling die Nachbarschaft verlässt", sagte Scheffi Paz, eine prominente Gegnerin der Flüchtlinge im Süden Tel Avivs, der "Haaretz".

Erziehungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei schrieb auf Twitter, der Plan werde "Israel in ein Paradies für Eindringlinge" verwandeln. Er sende "der ganzen Welt eine gefährliche Botschaft".

Teil des Abkommens war allerdings sogar gewesen, dass die Flüchtlinge besser im Land hätten verteilt werden sollen. Die Umsiedelung der Migranten hätte innerhalb von fünf Jahren geschehen sollen.

UNHCR zeigte sich nach der Aufkündigung des Abkommens durch Israel weiter optimistisch. "UNHCR glaubt weiter an die Notwendigkeit eines Abkommens, bei dem alle Seiten gewinnen können: Israel, die internationale Gemeinschaft und Menschen, die Asyl brauchen", sagte ein Sprecher am Dienstag. Man hoffe, Israel werde seine Entscheidung bald überdenken.

Netanjahu hatte als mögliche Aufnahmeländer für die Flüchtlinge Staaten wie Deutschland, Kanada und Italien genannt. Das Hilfswerk stellte aber klar, dass es mit diesen Ländern dazu keine Absprachen oder Abkommen gebe.

Das Bundesinnenministerium teilte mit, ihm sei keine konkrete Anfrage bekannt, in Israel lebende Flüchtlinge im Rahmen des UNHCR-Umsiedelungsprogramms aufzunehmen. Auch das italienische Außenministerium bestritt, dass es ein derartiges Abkommen mit dem UNHCR gibt.

Laut UNHCR betrifft das nun stornierte Abkommen rund 39.000 Migranten. Israel stuft sie als illegale Einwanderer ein. Asylanträge werden nur im Ausnahmefall gebilligt.

Menschenrechtsorganisationen in Israel haben die Aufkündigung des Abkommens kritisiert. "Die Regierung Israels hat einmal mehr bewiesen, dass sie nicht den Interessen ihrer Bürger dient (...) und auch keinen moralischen, rechtlichen oder internationalen Verpflichtungen", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. Israel sei in der Lage, alle Asylsuchenden in die Gesellschaft aufzunehmen.

Netanjahu betonte, man werde sich weiterhin darum bemühen, die "Eindringlinge" aus dem Land zu bekommen. Die israelische Regierung hatte Ende 2017 verkündet, bis zu 40.000 Menschen in afrikanische Drittländer abzuschieben - nach Medienberichten nach Uganda und Ruanda. Netanjahu hatte am Montag darauf verwiesen, dass es bei der Umsetzung des Planes "rechtliche Zwänge und politische Schwierigkeiten aufseiten der Drittstaaten" gegeben habe.