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Corona-Krise Norbert Röttgen wettert gegen "Lockerungsdrängler"

Wie sehr kann man das Alltagskorsett lockern, ohne einen Rückfall in der Corona-Pandemie zu riskieren? Angela Merkel geht den vorsichtigen Weg und hat dabei prominente Wegbegleiter.

25.04.2020, 05:13

Berlin (dpa) - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekommt für ihre Warnungen vor einem zu forschen Vorgehen bei Lockerungen von Alltagsbeschränkungen in der Corona-Krise prominente Unterstützung aus ihrer Partei.

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer teilte die Sorgen der Regierungschefin, auch die Kandidaten für den CDU-Vorsitz Norbert Röttgen und Friedrich Merz äußerten sich in diese Richtung. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb für Pragmatismus.

Vor allem Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) treibt die Debatte um weitere Lockerungen in Zeiten der Corona-Pandemie voran. Der CDU-Vize kandidiert ebenfalls für den Parteivorsitz. Der "Welt" (Samstag) sagte Laschet zu seinem Kurs in der Corona-Krise: "Ich erlebe Kritik, auch polemische, aber auch so viel Zuspruch und Ermutigung wie noch nie in meinem politischen Leben." Laschet warb zugleich für die Geschlossenheit der Länder und wandte sich gegen einen "Überbietungswettbewerbe egal welcher Art".

Der CDU-Außenexperte Röttgen, der sich wie Laschet und Merz an diesem Wochenende eigentlich auf einem Sonderparteitag um die Nachfolge von Kramp-Karrenbauer bewerben wollte, bezeichnete Verfechter einer Öffnungsstrategie als "Lockerungsdrängler und Exit-Strategen". Diese seien "auf dem falschen Weg".

"Wir sind in den Lockerungen weiter gegangen, als es die objektive Entwicklung der Pandemie rechtfertigt", sagte Röttgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn sich das Gefühl ausbreitet, es gelte jetzt Entwarnung und alles werde bald wieder normal, werden wir das in zwei Wochen in den Infektionszahlen sehr schmerzhaft merken", warnte der CDU-Außenexperte.

Ex-Unionsfraktionschef Merz mahnte mit Blick auf die Aufhebung von Beschränkungen im Alltagsleben: "Das muss behutsam und mit Augenmaß gemacht werden. Merz rechnete in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" mit einer langen Phase geben, "in der wir "coronagerecht" leben und arbeiten müssen".

CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer äußerte im SWR-Interview der Woche die Sorge, dass die Bund-Länder-Vereinbarungen "doch zum Teil sehr unterschiedlich ausgelegt worden sind". "Es ist auch für die Bundesländer, die dann vorsichtiger unterwegs sind, immer sehr schwer, auch mit Blick auf die eigene Bevölkerung, eine solche Linie zu halten, wenn es Nachbarn gibt, die das anders tun", beklagte die Ministerin. Sie wünsche sich hier "mehr Gleichmäßigkeit".

Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans äußerte "große Sorgen, dass wir Ende April feststellen, dass wir wieder weiter in die Krise reingerutscht sind." Wenn die Infektionszahlen wieder stiegen, müsse das Rad zurückgedreht werden, sagte Hans der "Rheinischen Post" (Samstag). Er sprach sich zugleich dafür aus, bei Ladenöffnungen nicht die maximale Größe von 800 Quadratmeter zum Maßstab zu nehmen, sondern 20 Quadratmeter pro Kunde. Bei der Konferenz mit den Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 30. April werde er das vorschlagen.

Gesundheitsminister Spahn argumentierte, wichtig sei es, bei den nächsten Schritten mehr über allgemeine Kriterien als über Quadratmeter-Zahlen zu reden. Entscheidend seien Abstands- und Hygieneregeln, sagte Spahn den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Der CDU-Politiker plädierte für pragmatische Lockerungen von Beschränkungen in der Corona-Krise. "Partys oder Volksfeste bergen ein extrem hohes Risiko", sagte Spahn. "Wer dagegen mit dem nötigen Abstand zu anderen in einem Geschäft einkaufen geht oder sich beim Sport im Fitnessstudio fit hält, sollte das tun können."

In den Bereichen Kitas und Schulen werde die Akzeptanz der Bürger für die Einschränkungen gerade deutlich strapaziert, sagte der Minister. Die Zumutungen für Kinder, berufstätige Eltern und Alleinerziehende seien sehr groß. Auch habe er den Eindruck, dass die Länder nicht einheitlich vorgingen.

Am Montag wollen die Kultusminister der Länder in einer Telefonkonferenz über möglichst einheitliche Vorkehrungen bei der schrittweisen Öffnung der Schulen sprechen. Der Gesundheitsschutz habe "selbstverständlich oberste Priorität". sagte die KMK-Vorsitzende Stefanie Hubig (SPD). Die KMK werde die Endabstimmung eines Konzepts herbeiführen, über das Kanzlerin Merkel und die Länderchefs beraten können. "Darin machen wir Empfehlungen von der Schülerbeförderung, über die einzuhaltenden Hygiene- und Abstandsregelungen, der Pausenorganisation bis hin zur Gruppengröße und den Unterrichtszeiten."

Von den Lockerungen bisher ausgenommen sind Gaststätten und Hotellerie. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hält eine Wiedereröffnung von Gaststätten Ende Mai für denkbar. Die Gastronomie brauche Perspektiven, sagte der CDU-Politiker am Freitagabend in der Sendung "ARD Extra". "Das ist jetzt nicht möglich. Aber für Ende Mai fasse ich das hier auch im Freistaat Sachsen durchaus ins Auge", sagte Kretschmer. Immer vor dem Hintergrund, dass die Infektionszahlen beherrschbar seien, fügte er hinzu.