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Äußerungen zu Charlottesville Scharfer Gegenwind für Trump

Ex-Präsidenten, Konzernchefs, Parteifreunde, Militärs: Mit so einhelliger Kritik dürfte Trump kaum gerechnet haben, als er sich wütend zur Gewalt in Charlottesville äußerte. Ein solcher Aufruhr ist selten.

Von Martin Bialecki, dpa 16.08.2017, 20:10
US-Präsident Donald Trump hat Neonazis gegen Gegendemonstranten in Charlottesville verteidigt. Foto: Pablo Martinez Monsivais
US-Präsident Donald Trump hat Neonazis gegen Gegendemonstranten in Charlottesville verteidigt. Foto: Pablo Martinez Monsivais AP

New York (dpa) - US-Präsident Donald Trump schlägt nach seiner Gleichsetzung von rassistischen Gewalttätern und Gegendemonstranten in den USA eine Welle der Kritik aus Wirtschaft, Politik, Militär und Gesellschaft entgegen.

Trump hatte beiden Seiten die Schuld an der Gewalt gegeben und gesagt, er wolle nicht moralisch urteilen. Die ehemaligen Präsidenten George H.W. und George Bush stellten sich gegen Hass und Gewalt. Die Mitglieder des Generalstabes verurteilten Rechtsextremismus und Rassismus.

Am Samstag war bei den Ausschreitungen in Charlottesville (Virginia) eine 32-jährige Gegendemonstrantin von einem Auto erfasst und getötet worden. 19 Menschen wurden verletzt. Der Fahrer hatte anscheinend vorsätzlich gehandelt. Vorher war es zu Zusammenstößen gekommen.

Auf den Rückzug von Firmen- und Konzernchefs aus zwei Beratergremien, die damit gegen Trumps Äußerungen protestieren wollten, reagierte der Präsident mit der Auflösung dieser Gremien. "Statt Druck auf die Geschäftsleute des Industrierates und des Strategie- und Politikforums auszuüben, beende ich beide", schrieb Trump. "Vielen Dank an alle."

Kurz zuvor war allerdings bekanntgeworden, dass sich eines der beiden Gremien aus Protest selbst auflösen wollte. Aus dem anderen Kreis hatten sich in den vergangenen Tagen reihenweise Mitglieder verabschiedet.

US-Medien zitierten einen CEO mit den Worten: "Angesichts der Kommentare der vergangenen Tage wollte niemand weiterhin als ein Unterstützer dieser Art von Entzweiung gelten." Campbell-Chefin Morrison sagte: "Rassismus und Mord sind unmissverständlich zu verurteilen."

Zwar hatten diese Gremien keine Entscheidungsmacht und waren von Trump eingerichtet worden, um medienwirksam seine Nähe zur Wirtschaft zu demonstrieren und seine Job-Initiative zu fördern. Ihre Positionierung gegen Trump ist dennoch ein starkes Protestsymbol.

Bei einer Trauerfeier gedachten in Charlottesville Hunderte der Getöteten. Heather Heyers Mutter sagte, ihre Tochter habe zum Schweigen gebracht werden sollen, statt dessen aber sei sie nun nur umso größer.

Trump hatte in seiner ersten Reaktion am Samstag von "Gewalt von vielen Seiten" gesprochen und vermieden, Rassisten und Neonazis beim Namen zu nennen. Dafür war er scharf kritisiert worden. Erst am Montag, zwei Tage später, hatte Trump sich von Rassisten und dem Ku Klux Klan distanziert, US-Medien zufolge nur unter großem Druck enger Berater.

Am Dienstag sagte Trump zu seinem ersten Zögern: "Ich wollte sicher sein, dass das, was ich sage, korrekt ist." Man sage nicht sofort etwas, wenn man die Fakten nicht genau kenne, "anders als viele Reporter", fügte Trump hinzu.

Schwer verärgert sagte Trump, in Charlottesville seien längst nicht nur Rassisten und Nationalisten auf der Straße gewesen, sondern auch unschuldige Demonstranten, die etwa am Vorabend friedlich gegen den Abriss der Statue des Südstaatengenerals Robert E. Lee hätten protestieren wollen. Es habe "auf beiden Seiten sehr anständige Leute" gegeben.

"Es gab auf der einen Seite eine Gruppe, die schlimm war, und es gab auf der anderen Seite eine Gruppe, die ebenfalls sehr gewalttätig war", sagte Trump. Damit stellte der US-Präsident Neonazis auf eine Stufe mit den Gegendemonstranten. Die Pressebegegnung lief zeitweise aus dem Ruder.

Auch prominente Republikaner reagierten perplex auf diese Äußerungen Trumps. Auffällig war, dass der Präsident in keiner Stellungnahme beim Namen genannt wurde.

Die früheren US-Präsidenten George H.W. und George W. Bush riefen eindringlich zu Widerstand gegen Hass und Fanatismus auf. "Amerika muss ethnische Eiferei, Antisemitismus und Hass immer und in jeder Form zurückweisen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

Der Top-Republikaner im Abgeordnetenhaus, Paul Ryan, twitterte: "Wir müssen uns im Klaren sein. Die Bewegung der Weißen Vorherrschaft ist abstoßend. Diese Bigotterie geht gegen alles, wofür dieses Land steht. Es darf da keine moralische Mehrdeutigkeit geben."

Der republikanische Senator Floridas, Marco Rubio, richtete auf Twitter direkt seine Worte an Trump: "Sie können den weißen Rassisten nicht erlauben, nur einen Teil der Schuld zu tragen. Sie unterstützen Ideen, die dieser Nation und der Welt so viel Schmerz zufügen."

Kritik an Trumps Haltung gab es auch aus Israel, Großbritannien und Deutschland.

Trump sagte, die Medien hätten erneut sehr unfair berichtet - sowohl über ihn selbst als auch über die tatsächlichen Ereignisse vom Wochenende. Er vermied es erneut, den Angriff mit dem Auto als Terrorismus zu bezeichnen, anders als viele Republikaner und auch sein eigener Chefankläger Jeff Sessions.

Vor dem Hintergrund der "Alt Right", die als "Alternative Rechte" ein Sammelbecken für Ultrarechte und auch Neonazis ist, sagte Trump: "Was ist mit der Alt Left, die die, wie Sie es nennen, "Alt Right" angegriffen haben? Gibt es da irgendeinen Anschein von Schuld?" Diese Geschichte habe zwei Seiten.

Der Begriff einer "Alt Left" wird zwar in Internetforen diskutiert, ist aber kein allgemein verwendeter Sammelbegriff linker Bewegungen, weil er als zu schwammig gilt.

Nach Trumps Einlassungen twitterte der frühere Ku-Klux-Klan-Chef David Duke, er danke dem Präsidenten für seine Aufrichtigkeit und den Mut, die Wahrheit zu Charlottesville auszusprechen und die "Linksterroristen" in der Bewegung "Black Lives Matter" und der Antifa zu verdammen.

Video des gesamten Auftritts bei C-Span

Politico zum Rücktritt von Trumka

Tweet von Steve Stivers

Tweet Marco Rubio

Tweet Paul Ryan

Radikal und ultrarechts: Die Alt-Right-Bewegung in den USA

Ku-Klux-Klan - Rassismus unter weißen Kapuzen

Zersplittert, fanatisch, gefährlich: Amerikas rechte Szene

Die Gewalt von Charlottesville und Trumps Pressekonferenz

Nach Donald Trumps umstrittener Reaktion auf die Gewalt von Charlottesville haben die früheren US-Präsidenten George H.W. und George W. Bush eindringlich zu Widerstand gegen Hass und Fanatismus aufgerufen. "Amerika muss ethnische Eiferei, Antisemitismus und Hass immer und in jeder Form zurückweisen", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Charlottesville erinnere an die in der Unabhängigkeitserklärung verankerten Werte, heißt es weiter: die Gleichheit aller Menschen und die Unveräußerlichkeit ihrer Rechte. "Wir wissen, dass diese Wahrheiten ewig währen, weil wir den Anstand und die Größe unseres Landes kennengelernt haben."

Trump fiel bei der Pressekonferenz inhaltlich auf seine erste Stellungnahme zurück. Foto: Pablo Martinez Monsivais
Trump fiel bei der Pressekonferenz inhaltlich auf seine erste Stellungnahme zurück. Foto: Pablo Martinez Monsivais
AP
Der Moment der Attacke: Ein Auto schleudert in Charlottesville Demonstranten in die Luft. Foto: Ryan M. Kelly/The Daily Progress
Der Moment der Attacke: Ein Auto schleudert in Charlottesville Demonstranten in die Luft. Foto: Ryan M. Kelly/The Daily Progress
The Daily Progress&AP
Kirchenangehörige und Trauernde beten in Charlottesville bei einem Gedenkgottesdienst für Heather Heyer, die bei den rechtsextremen Ausschreitungen getötet wurde. Foto: Evan Vucci
Kirchenangehörige und Trauernde beten in Charlottesville bei einem Gedenkgottesdienst für Heather Heyer, die bei den rechtsextremen Ausschreitungen getötet wurde. Foto: Evan Vucci
AP
James Alex Fields Jr. (2.v.l.) in Charlottesville während einer Kundgebung von Rechtsextremisten und Neonazis. Foto: Alan Goffinski
James Alex Fields Jr. (2.v.l.) in Charlottesville während einer Kundgebung von Rechtsextremisten und Neonazis. Foto: Alan Goffinski
Alan Goffinski
Demonstranten halten Plakate während einer Anti-Trump Demonstration in New York. Foto: Nancy Kaszerman
Demonstranten halten Plakate während einer Anti-Trump Demonstration in New York. Foto: Nancy Kaszerman
ZUMA Wire
Rechtsextremistische Demonstranten versammeln sich in Charlottesville. Nach Gewaltausbrüchen wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Foto: Steve Helber
Rechtsextremistische Demonstranten versammeln sich in Charlottesville. Nach Gewaltausbrüchen wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Foto: Steve Helber
AP
Demonstranten geraten in Charlottesville aneinander: Bei einer Kundgebung von Rechtsextremisten und Neonazis im kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten. Foto: Steve Helber
Demonstranten geraten in Charlottesville aneinander: Bei einer Kundgebung von Rechtsextremisten und Neonazis im kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten. Foto: Steve Helber
AP
US-Präsident Donald greift während einer Pressekonferenz nach einem Zettel mit Anmerkungen. Foto: Pablo Martinez Monsivais
US-Präsident Donald greift während einer Pressekonferenz nach einem Zettel mit Anmerkungen. Foto: Pablo Martinez Monsivais
AP
Unterstützer und Gegner von Trump treffen in New York aufeinander. Foto: Craig Ruttle
Unterstützer und Gegner von Trump treffen in New York aufeinander. Foto: Craig Ruttle
AP