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Regierungskrise Thüringen: Parteien verhandeln über Neuwahl

Eine Übergangsregierung unter Ex-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht wird es in Thüringen nicht geben. Aber was ist der Ausweg aus der Regierungskrise? Rot-Rot-Grün will noch einmal auf die CDU einwirken, um doch noch Neuwahlen zu erreichen.

19.02.2020, 20:18

Erfurt (dpa) - In Thüringen ringen die Parteien um eine Neuwahl, nachdem der Versuch scheiterte, eine rot-rot-grüne Übergangsregierung unter Ex-CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht zu bilden.

Lieberknecht hatte ihre Bereitschaft dazu zurückgezogen und dies mit den unterschiedlichen Vorstellungen von Linken, SPD, Grünen und CDU zum Zeitpunkt einer Neuwahl begründet. Sie riet der CDU zur Kooperation mit der Linken - und damit zum Bruch mit einem Parteitagsbeschluss, der dies untersagt.

Linke, Grüne, SPD und CDU berieten über Wege aus der Krise und einen Termin für eine Neuwahl. Entscheidungen könnten voraussichtlich am Freitag fallen.

Lieberknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur, "wer keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow (Linke) zu einer Mehrheit im Landtag verhelfen." Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring forderte ebenfalls mehr Spielraum beim Verbot, mit der Linken zusammenzuarbeiten. Der Unvereinbarkeitsbeschluss des Bundesparteitags stimme mit der Lebenswirklichkeit in einigen Bundesländern nicht überein, sagte er in Erfurt. Nach dem Beschluss kann die CDU nicht mit der AfD und auch nicht mit der Linken zusammenarbeiten. Das Verbot der Kooperation mit der AfD stehe nicht infrage, bekräftigte Mohring.

Nach Angaben des Vize-Landesvorsitzenden der Linken, Steffen Dittes, werden derzeit verschiedene Varianten für eine Neuwahl diskutiert, die von einem Termin vor der parlamentarischen Sommerpause bis zu einer Neuwahl erst 2021 oder 2022 reichten. Je später der Wahltermin liege, um so größer müsste die Verbindlichkeit der Vereinbarungen sein - beispielsweise zur Aufstellung eines Haushalts für 2021. "Alles ist möglich", sagte SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee.

Laut Dittes wurde auch darüber gesprochen, wie eine Ministerpräsidentenwahl von Ramelow ermöglicht werden könnte. Linke, SPD und Grüne, die eine Minderheitsregierung tragen könnten, fehlen dafür vier Stimmen im Landtag. CDU-Vize Mario Voigt ließ offen, ob es für eine Ramelow-Wahl Stimmen seiner Partei geben könnte.

Die Grünen im Bund forderten eine aktivere Mitarbeit der Bundes-CDU an einer Lösung in Thüringen. Es wäre "sehr hilfreich, wenn die Bundes-CDU hier ihrem Landesverband Türen öffnet", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock der dpa.

Mohring kündigte an, sich bereits Anfang März - und nicht wie ursprünglich angekündigt erst im Mai - vom Fraktionsvorsitz zurückzuziehen. Der CDU-Fraktionsvorstand soll am 2. März neu gewählt werden. Über seine Nachfolge an der Spitze der Fraktion mit 21 Abgeordneten sei noch nicht gesprochen worden. Der 48-Jährige hatte nach dem politischen Chaos, in dem seine Partei steckt, auch den Rückzug vom Parteivorsitz angekündigt.

Die Linksfraktionschefin im Landtag, Susanne Hennig-Wellsow, forderte die CDU auf, den Weg für eine zügige Neuwahl frei zu machen oder Ramelow aktiv zu unterstützen, "bei der MP-Wahl mit einer anschließenden Tolerierung von Rot-Rot-Grün". Es gebe nur diese beiden Wege.

Für eine Neuwahl ist im Thüringer Landtag eine Zwei-Drittel-Mehrheit der 90 Abgeordneten nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen nur auf 42 Sitze im Parlament. Gebraucht wird damit die Unterstützung der CDU mit ihren 21 Sitzen.

Michael Reichel
Michael Reichel
dpa
Bodo Schackow
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dpa-Zentralbild
Martin Schutt
Martin Schutt
dpa-Zentralbild