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Polit-Krise in Erfurt Thüringen: Ramelow zu Zugeständnissen an die CDU bereit

Ein Treffen von vier Parteien am Montag soll Wege aus der Regierungskrise in Thüringen aufzeigen. Ex-Ministerpräsident Ramelow hat hohe Erwartungen daran. Der Wahleklat vom 5. Februar erzürnt noch immer viele Menschen, wie am Samstag deutlich wurde.

16.02.2020, 19:30
Martin Schutt
Martin Schutt zb

Erfurt (dpa) - Zwölf Tage nach dem Eklat bei der Ministerpräsidentenwahl in Thüringen wollen Vertreter von Linke, SPD und Grünen am Montag erstmals mit CDU-Abgeordneten über mögliche Auswege aus der Regierungskrise sprechen.

Ex-Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) geht dabei weiter auf die CDU zu. Er sei bereit, sich mit der CDU auf Aufgaben wie den Landesetat für 2021 oder ein Investitionsprogramm für die Kommunen zu verständigen, sagte Ramelow der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.

Die Ministerpräsidentenwahl am 5. Februar endete in einem Debakel, das bundesweit für Empörung sorgte. Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich wurde im dritten Wahlgang mit den Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Regierungschef gewählt. Drei Tage später trat der 54-Jährige zurück und ist seitdem geschäftsführend ohne Minister im Amt, bis ein neuer Ministerpräsident gewählt ist. Am Freitag hatte CDU-Landeschef Mike Mohring angekündigt, nicht erneut als Landesparteichef zu kandidieren. In Erfurt demonstrierten am Samstag Tausende Menschen gegen Kemmerichs Wahl mit Stimmen der AfD.

Thüringens CDU-Generalsekretär Raymond Walk bestätigte, es bleibe bei dem Termin am Montag ungeachtet der personellen Turbulenzen in seiner Partei. Bei dem Treffen gehe es "nicht darum, wer als Sieger oder Verlierer vom Platz geht", sagte Ramelow. "Ich wünsche mir, dass wir so viel Vertrauen herstellen, dass der Zustand einer Ein-Personen-Regierung in Thüringen nicht noch ein halbes Jahr andauert." Am Freitag blieben im Bundesrat die Stühle Thüringens leer, Kemmerich war nicht angereist.

Ramelow will sich erneut einer Ministerpräsidentenwahl stellen, wenn es für ihn eine Mehrheit ohne AfD-Stimmen gibt - dafür sind mindestens vier Stimmen von CDU oder FDP nötig. Mit Blick auf das Treffen sagte der Linke-Politiker: "Ich hoffe, dass es gelingt, Verabredungen mit der CDU zu treffen, so dass die beginnende Staatskrise möglichst abgewendet wird." Ramelow hatte vorgeschlagen, dass er nach seiner Wahl den Weg für geordnete Neuwahlen frei macht - möglichst nach einer Verständigung über den Landeshaushalt für 2021, um Thüringen bis zu einer Landtagswahl handlungsfähig zu halten.

"Ein "Weiter so" mit dem einfachen Einzug einer rot-rot-grünen Minderheitsregierung kann es nach den Ereignissen am 5. Februar nicht geben", sagte Ramelow. Sollte er gewählt werden, nehme die Minderheitsregierung die Arbeit auf. "Die Erstellung des Haushalts würde aber gemeinsam mit CDU und FDP erfolgen", bot er an. Und: "Auch eine Vereinbarung für Neuwahlen müssen wir zusammen treffen."

Für eine Auflösung des Thüringer Landtags sind 60 der 90 Stimmen nötig. Rot-Rot-Grün hat zusammen 42 Stimmen, die CDU 21 und die FDP 5.

Unbeeindruckt vom Rücktritt Kemmerichs gingen am Samstag in Erfurt Tausende Menschen gegen die Wahl des Regierungschefs mithilfe der AfD auf die Straße. Redner kritisierten während einer Kundgebung auf dem Domplatz das Vorgehen von CDU und FDP bei der Ministerpräsidentenwahl scharf. Dieses zeuge 75 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz von "unglaublicher Ignoranz und Machtversessenheit", sagte Stefan Körzell, Mitglied des DGB-Bundesvorstandes.

Die Veranstalter - der DGB und die Initiative "Unteilbar" - sprachen von 18.000 Teilnehmern über den Tag verteilt. Die Polizei zählte 6000 Menschen bei der Kundgebung und bis zu 9000 Menschen bei einem anschließenden Demonstrationszug durch die Innenstadt.