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Unglück Lernen aus dem Inferno

Vor fast 20 Jahren starben viele Menschen beim Inferno im Mont-Blanc-Tunnel. Die Wahrscheinlichkeit für solche Unglücke ist extrem gesunken.

21.03.2019, 23:01

München (dpa) l Für die Opfer des Infernos gab es in der knapp zwölf Kilometer langen, rauchgeschwängerten Röhre kein Entkommen. Manche schafften es noch nicht einmal aus ihren Fahrzeugen, bevor sie an den giftigen Dämpfen erstickten. Andere verglühten in den Schutzräumen, die sich auf mehr als 1000 Grad erhitzten. Bei dem verheerenden Brand im Mont-Blanc-Tunnel im Jahr 1999 starben 39 Menschen. Am Sonntag jährt sich die Katas­trophe zum 20. Mal.

Seither ist in puncto Tunnelsicherheit viel passiert. Nach dem Unglück in der Röhre, die Frankreich und Italien miteinander verbindet, und weiteren Horror-Bränden um die Jahrtausendwende herum wurde die Politik aktiv. Inzwischen gibt es EU-weit verbindliche Vorgaben. Mit Erfolg: 2015 stellte der ADAC seine Tunneltests ein – weil alle geprüften Tunnel die Noten sehr gut oder gut erhielten. Die Länder rund um die Alpen zogen aus der Tragödie verschiedene Konsequenzen.

Seit dem Unglück werden alle Tunnel, die länger als 300 Meter sind, intensiv überprüft. Experten erstellen in Zusammenarbeit mit Betreiber, Rettungskräften und anderen Verantwortlichen ein Sicherheitsdossier. Dort sind alle möglichen Zwischenfälle und die zu ergreifenden Maßnahmen erfasst. Ermittelt wird auch die Wahrscheinlichkeit bestimmter Folgen, beispielsweise von Feuer.

Die Schweiz hat nach dem Mont-Blanc-Unglück und zwei eigenen schweren Unfällen 2001 und 2012 viel in die Verbesserung der Tunnelsicherheit investiert. Seit 2010 waren es eine Milliarde Franken (900 Millionen), mindestens eine weitere halbe Milliarde ist bis 2025 geplant. 12 Prozent der Nationalstraßen verlaufen in Tunneln, das sind gut 250 Tunnel mit zusammen rund 250 Kilometern Länge.

Im Oktober 2001 hatte ein alkoholisierter Lastwagenfahrer im Gotthardtunnel einen Unfall mit anschließendem Brand ausgelöst, bei dem elf Menschen an Rauchvergiftung starben. Dort wurden neue Lüftungsklappen eingebaut und die Voraussetzung geschaffen, Rauch schneller absaugen zu können. Geprüft wird noch, ob an den Mauern Anpralldämpfer angebracht werden sollen.

Die Alpenrepublik hat in den vergangenen 20 Jahren mehr als vier Milliarden Euro in die Tunnel-Sicherheit investiert. Mehrere Tunnel seien mit einer zweiten Röhre ausgestattet, die Fluchtwege ausgebaut und die technische Überwachung deutlich verbessert worden, so ein Sprecher des Autobahnbetreibers Asfinag. In dem mit 14 Kilometern längsten Straßentunnel Österreichs, dem Arlbergtunnel, wurden unter anderem 37 zusätzliche Fluchtwege eingerichtet.

Über Vorgaben der EU hinaus sei vielerorts ein akustisches Warnsystem installiert, so ein Asfinag-Sprecher. Das System „Akut“ horche mit seinen Mikrofonen nach verdächtigen Geräuschen. „Ob ein Reifen platzt, Türen zugeschlagen werden oder Autos kollidiert sind.“ Bei Verdacht werde sofort via Kameras kontrolliert. „Man kann mal wegsehen, aber nicht weghören“, so der Sprecher weiter. „Akut“ sei momentan in 20 Tunneln im Einsatz und solle schließlich in mehr als 50 Tunneln verfügbar sein. Insgesamt sind 165 Tunnel in Österreich in Betrieb.

Marode Infrastruktur ist seit langem ein Thema in Italien – der Brückeneinsturz in Genua im vergangenen August erschütterte das Vertrauen vollends. Fragen wurden nicht nur nach der Sicherheit der Überführungen im Land laut, sondern auch nach der der Tunnel.

Medien bezifferten die Zahl der problematischen Brücken und Tunnel auf 300. Verkehrsminister Danilo Toninelli versprach einen „Marshallplan“ für die Sicherheit der Infrastruktur im Land.