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Vernissage Aus dem Leben von Pichottki

In Alfred Pichottki lernten die Besucher der Vernissage in der Klein-s-ten Galerie Arneburg einen Künstler und ein Original kennen.

Von Karina Hoppe 14.09.2017, 18:00

Arneburg l Was so ist, darf auch getrost mal so ausgesprochen werden. Rückblickend auf seine dreiwöchige „Fahrt erster Klasse im Schweinewagen“ 1945 von Ostpreußen nach Arneburg kann Alfred Pichottki heute jedenfalls nicht mehr sagen „wie wir uns verpflegt und wie wir gekackt haben“. Indes weiß der 79-jährige Arneburger noch genau, welche Familien hier gut zu den Flüchtlingen waren. Und auch, welche nicht. Alfred Pichottki hat als Junge gesehen, „was aus Menschen wird, wenn Panzer über sie rollen“. Er ist vielfach traumatisiert, sagte dazu Galeristin Johanna Preß im einführenden Künstlergespräch vor rund 60 Leuten. „Aber andere sind es auch“, wiegelte Pichottki ab.

Pichottki ohne Ostpreußen, das geht jedenfalls nicht. So wurde am Mittwoch schnell klar. Zigfach ist er in seine alte Heimat gefahren, das erste Mal sogar noch 1988. Sein Haus und ein ihm vertrauter Baum standen da noch. „So ein Glück.“ Denn beim nächsten Besuch bald danach gab es beides nicht mehr. So oft war Pichottki in seiner früheren Heimat, dass er „heute dort alles kennt“. Jeden Winkel und vor allem jede Brücke. Die malt der einstige Arneburger Strommeister besonders gerne. Weil sie Trennendes überwinden? Weil sie etwas Versöhnliches haben? Galeristin Johanna Preß, die selbst Brücken liebt, versuchte den Rauschebart aus der Reserve zu locken. Aber Pichottki hielt sich gerne an den blanken Fakten fest. „Sie haben eine gute Gabe, von sich abzulenken“, befand Johanna Preß schließlich schmunzelnd. Und Pichottki erzählte weiter. Davon, dass er seinem Bruder mal einen richtig guten röhrenden Hirsch gemalt hat. „Den will ja heute keine Sau mehr haben.“ Oder davon, dass er einst im heutigen „Goldenen Anker“ wohnte, genau im Raum der Ausstellung gar. Und da sei nicht nur Jugendfreies geschehen. Gegen ein bisschen Schlüpfrigkeit hat Pichotti nichts, aber dagegen, dass Vieles Kunst genannt wird, nur weil ein wichtiger Mensch es interpretiert. „Dann sollen die Leute mal ne Brücke malen und wissen nicht, wie das geht.“ Meistens, wenn Pichottki eine Brücke malt, fängt er am Abend damit an und ist noch am selben Abend damit fertig. „Ich male, wenn nichts Gescheites im Fernsehen kommt. Und das ist ja meistens der Fall.“ Zeichnungen, Aquarelle („die höchste Kunst“), Acryl: Seit seiner Berentung im Jahr 1999 hat sich Pichottki an eine Vielzahl von Techniken herangewagt. Dazu gehören auch Postkartenillustrationen und Glasabzüge. Seine Motive sind Landschaften, Stadtansichten und im Moment mag Pichottki auch gerne Segelschiffe. Es darf auch mal Farbe im Spiel sein.

Alfred Pichottki, geboren 1938 in Groß Rüppertswalde (Ostpreußen), hat durch die Kunst einen Weg für sich gefunden, sein Leben festzuhalten und zu verarbeiten. So formulierte es Galeristin Johanna Preß. Und der alte Mann sagte schließlich doch: „Da haben sie vollkommen recht.“

Die Ausstellung in der "Klein-s-ten Galerie" im „Goldenen Anker“ ist dienstags bis sonnabends 11.30 bis 20 Uhr und sonntags 11.30 bis 16.30 Uhr zu sehen. Betriebsferien: 30. September bis 10. Oktober.