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Wegen hoher Steuer Hundebesitzer verklagt die Stadt

Er sollte den erhöhten Steuersatz für seine beiden Schäferhunde nach einer Beißattacke zahlen. Der Letzlinger klagte: Vergleich.

Von Gesine Biermann 14.10.2017, 03:00

Magdeburg/Letzlingen l Das Ganze habe nur eine Minute gedauert: „Wie ein Stofftier haben die beiden Schäferhunde den kleinen Hund rumgeworfen.“ Die Zeugin, die vor wenigen Tagen im Landesverwaltungsgericht schildert, was sie damals vor der Letzlinger Kita beobachtete, ist noch geschockt. Zwei Schäferhunde hatten am 21. Januar 2015 „kurz vor oder kurz nach 8 Uhr“ einen Zwergpudel totgebissen (wir berichteten). Konkret beschreiben kann die junge Frau die Hunde im Gericht indes nicht mehr. Zu lange ist der Vorfall her.

Das Verwaltungsgericht hatte deshalb zu klären, ob die Tiere tatsächlich dem Letzlinger Halter gehörten, wie die Verwaltung festgestellt hatte. Das bestritt der Mann nämlich im Nachhinein. Zwar seien seine Hunde an diesem Tag tatsächlich weggelaufen, gibt der Unternehmer auch im Gericht zu. Zu der Zeit, zu der sich der Vorfall ereignet habe, hatte sie ein Bekannter aber bereits eingefangen.

Das bestätigt der Zeuge auch vor Gericht. Und im Gegensatz zu der jungen Frau, die zwar die Beißattacke gesehen, die Hunde aber nicht genau beschreiben kann, erinnert sich der Zeuge erstaunlicherweise minutiös an den Tag vor zweieinhalb Jahren. „Kurz vor 8 Uhr“, habe er die Hunde des Klägers frei herumlaufen sehen, sie erkannt und sofort eingesperrt. Dafür, dass er sich nach so langer Zeit noch genau an die Uhrzeit erinnern kann, hat der Mann, selbst Unternehmer, eine plausible Begründung parat: An diesem Morgen sei um 8 Uhr ein Vertreter bei ihm gewesen. Der sei „ immer pünktlich.“ Deshalb könne er die Uhrzeit konkret eingrenzen.

Andere Details sind ihm offenbar nicht mehr so geläufig. So versichert er auf die Frage, wie der Kläger die Tiere abholte: Der Halter habe sie in sein Auto geladen. „Das ist komisch“, wundert sich die Fragestellerin, Bürgermeisterin Mandy Zepig (sie vertritt die Stadt im Prozess): „Der Kläger selbst gibt nämlich an, er ist zu Fuß gekommen ist.“ Auch an ein anschließendes gemeinsames Kaffeetrinken mit dem Kläger, das dieser beschreibt, kann sich der Zeuge auf Nachfrage nicht erinnern: „Das muss wohl an einem anderen Tag gewesen sein.“

Trotz dieser Ungereimtheiten sieht es das Landesverwaltungsgericht nicht als erwiesen an, dass die Tiere tatsächlich dem Letzlinger gehören. Selbst dass der Kläger der Besitzerin des getöteten Tieres kurz darauf eine Entschädigung von 400 Euro zahlte, reicht in den Augen der drei Berufs- und zwei Laienrichter nicht aus, um den Mann zweifelsfrei als Halter anzusehen. Angesichts des Prozessrisikos, das beide Parteien betreffe, rät das Gericht zu einem Vergleich, den am Ende beide Parteien annehmen: Rückwirkend und künftig wird dem Halter die erhöhte Steuer erlassen. Die Gefährlichkeit der Hunde gilt damit nicht mehr als festgestellt. Künftig dürfen auch nicht mehr nur der Kläger selbst, sondern auch seine Ehefrau, die erwachsenen Kinder und geeignete Betreuer mit den Tieren spazierengehen.

Die Kosten für Wesenstest und Haltereignung werden allerdings nicht erstattet – beides musste der Letzlinger nach dem Beißvorfall veranlassen, um seine Hunde behalten zu können. Außerdem müssen beide Schäferhunde weiterhin überall an der Leine geführt werden. Und das, so Mandy Zepig nach Verhandlungsende, „ist für mich angesichts der Sicherheit der Bürger das eigentlich wichtige Ergebnis.“