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Wie geht es Ihnen? Existenz der Jugendherbergen in Gefahr

Leiter Michael Hesse in Thale rechnet mit einer halben Million Euro Verlust

19.06.2020, 23:01

Thale l Die Volksstimme fragt Betroffene, wie sich die Corona-Krise auf ihre Arbeit auswirkt. Das Gespräch führte Herbert Spies.

Volksstimme: Wie geht es Ihnen?

Michael Hesse: Am Anfang war die Situation schon sehr bedrückend. Wir hatten elf Wochen geschlossen. Fast zwei Monate lang mussten wir eine Flut von Stornierungen bearbeiten. Erst haben alle Schulklassen abgesagt, dann die Gruppenreisenden und Familien. Inzwischen geht es mir wieder besser.

Welche wirtschaftlichen Auswirkungen hat die Pandemie?

Stand heute werden wir wegen der vielen Absagen bis zum Jahresende über eine halbe Million Euro Miese machen. Im vergangenen Jahr hatten wir insgesamt 34 000 Übernachtungen. Bis Ende Dezember sind es maximal 50 Prozent, eher noch weniger.

Was macht das mit Ihnen?

Wir müssen dieses Jahr irgendwie über die Runden bekommen. Im Haus ist es so ruhig, die Schulklassen fehlen. Sonst ist hier alles voller Kinder. Ich versuche, positiv mit der Situation umzugehen.

Wann war für Sie persönlich der Tiefpunkt?

Nach sechs Wochen war es sehr, sehr frustrierend. Wir haben uns die Frage gestellt, ob wir überhaupt nochmal öffnen werden. Wir laufen auch jetzt noch ungefähr 20 000 Euro Stornogebühren hinterher und wissen nicht, ob diese jemals bezahlt werden.

Haben Sie Hilfen in Anspruch genommen?

Ja. Ich habe alle Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Wir arbeiten hier in Thale mit 15 Festangestellten plus Saisonkräften. Die Existenz der Jugendherbergen ist durch die Pandemie akut gefährdet. Unser Landesverband kümmert sich darum, dass wir weitere Hilfen bekommen. Wie hoch diese sein werden, steht noch nicht fest. Naja, wir sind nicht die Lufthansa.

Wie ist die Situation aktuell?

Wir haben seit dem 5. Juni wieder geöffnet. Der Aufwand ist enorm für die wenigen Gäste, die bei uns wohnen. Diese sind sehr dankbar, das gibt uns Mut und Auftrieb.

Wie zufrieden sind Sie mit den Entscheidungen der Politik?

Hm. Vieles ist sinnvoll und auch nachvollziehbar. Manche Regelungen sind jedoch schwer umzusetzen. Das Abstands-Gebot zum Beispiel. Unser Treppenhaus ist nämlich nur 1,20 Meter breit. Wie soll das also funktionieren, dort die geforderten 1,50 Meter Abstand voneinander zu halten?