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Nach Knieverletzung Olympia-Snowboarderin Mittermüller aus Kader gestrichen

Seit vielen Jahren ist Silvia Mittermüller die einzige Deutsche in der Weltspitze der Freestyle-Snowboarder. Olympia in Korea war einer ihrer Karriere-Höhepunkte, auch wenn sie sich am Knie verletzte. Nun aber wurde sie aus dem Kader gestrichen - und erhebt Vorwürfe.

Von Manuel Schwarz, dpa 27.06.2018, 11:03

München (dpa) - Silvia Mittermüller ist seit eineinhalb Jahrzehnten Deutschlands beste Freestyle-Snowboarderin - doch künftig hat die Münchnerin keinen Platz mehr im Nationalkader.

Im Aufgebot für die kommende WM-Saison taucht die 34-Jährige nicht auf, der Verband hat sie wegen ihres Alters und des fernen Ausblickes auf die nächsten zwei Winterspiele gestrichen. "Mir wird gerade der Boden unter den Füßen weggezogen", sagte Mittermüller der Deutschen Presse-Agentur und warf dem Verband mangelndes Feingefühl vor. "Ich fühle mich so wenig wertgeschätzt. Das ist eine ätzende Situation." Sie ist eine der Verliererinnen der neuen deutschen Spitzensportreform.

Der erfahrenen Athletin geht es nicht gut, an der Entscheidung von Snowboard Germany hat sie heftig zu knabbern. "Die Nachricht hat mich extrem durchgeschüttelt. Seitdem fühlt es sich so an, als sei das Knie schlechter geworden", berichtete sie. In Pyeongchang hatte sie sich als erste deutsche Slopestyle-Starterin der Olympia-Historie den Meniskus schwer verletzt und befindet sich aktuell in der Reha.

Wie es mit ihrer Genesung weitergeht, das ist durch den Rauswurf ungewiss. Nur Kader-Athleten haben automatisch Anspruch auf Training und medizinische Behandlungen an den Olympiastützpunkten. Da will ihr der Verband noch entgegenkommen. "Wir schauen, dass sie im Olympiastützpunkt medizinisch und physiotherapeutisch betreut wird, bis sie wieder ganz gesund ist", sagte Sportdirektor Andreas Scheid.

Mehr sei aber nicht mehr drin. Wie Mittermüller sagte, verliert sie Ende September ihren Platz in der Sportgruppe der Bundeswehr, auch die zusätzliche finanzielle Unterstützung der Deutschen Sporthilfe laufe nun aus. "Ich fühle mich krass verloren, wie ein Astronaut, der im Weltraum herumfliegt und nicht weiß, was los ist", erzählte sie.

Dabei hat sie den Großteil ihrer Erfolge in Eigenregie und quasi ohne Unterstützung des kleinen deutschen Verbandes eingefahren. In den vergangenen 16 Jahren war sie die einzige Deutsche, die einstellige Weltcupränge in Slopestyle, Big Air und Halfpipe einfahren konnte. Im März 2016 gelang ihr der bislang einzige deutsche Sieg im Slopestyle. Erst im Vorfeld von Olympia 2018 wurde die Betreuung intensiver, plötzlich waren Trainer da, Kosten etwa für Flüge wurden übernommen.

Ob sie sich für eine womöglich letzte Saison noch einmal aufraffen mag? Ungewiss. "Bis zum Winter müsste das Knie wieder fit sein", hoffte sie. Scheid meinte, dass Mittermüller weiterhin Weltcups bestreiten und sich so auch für die WM im Februar 2019 in Park City in den USA qualifizieren kann - nur eben auf eigene Kosten.

"Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen", beteuerte der neue Sportdirektor zum Aus seiner Sportlerin. Die Vergangenheit aber zählt nach der Leistungssportreform nicht mehr - alles wird auf die künftigen Winterspiele ausgerichtet. Weil im Zuge der Reform viele Kaderstellen über alle Sportarten hinweg reduziert wurden, ist für Mittermüller kein Platz mehr. Auch ihrer Bitte, mit einer letzten Saison die Karriere abschließen zu können, kam Scheid nicht nach.

Ihr Bundeswehr-Platz soll übrigens an Leon Vockensperger gehen. Der ist mit seinen 18 Jahren einer der ältesten im deutschen Kader.

Kaderliste für Saison 2018/19

Mittermüller-Porträt auf Verbandsseite

Mittermüller-Porträt auf Seite des Weltverbands