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Wirtschaft „Ich bin den Tränen nah“

Fitness-Anlagen Chef Marco Keller aus Magdeburg fürchtet, wegen Corona bald Insolvenz anmelden zu müssen

08.05.2020, 23:01

Magdeburg l Die Volksstimme fragt Betroffene, wie sich die Corona-Krise auf ihre Arbeit auswirkt. Das Gespräch führte Herbert Spies.

Volksstimme: Wie geht es Ihnen?

Marco Keller: Ich bin enttäuscht von der Landesregierung. Leider wird gerade für den Fitness-Bereich mit zahlreichen Pauschalargumenten gearbeitet. Ich habe deswegen viel telefoniert, gerade um Missverständnisse und Fehlvorstellungen von unserer Arbeit vorzubeugen. Im Ergebnis kam nichts dabei raus. Ich leite zwei Unternehmen, Firstsports und Polefitness by Firstsports an einem Standort in Magdeburg. Insgesamt habe ich mehrere Zehntausend Euro Fixkosten pro Monat. Die Soforthilfe, die ich beantragt und bekommen habe, ist längst weg. Ich habe meine vier Angestellten in Kurzarbeit geschickt. Nahezu alle unsere rund 150 Mitglieder zeigen sich solidarisch mit uns und bezahlen ihre Beiträge weiter. Dafür sind mein Team und ich sehr dankbar. Denn ohne diese Zahlungen wäre kein Überleben möglich.

Was wäre trotz Corona möglich?

Beim Training Abstand zu halten, ist für uns überhaupt kein Problem. Sehen Sie: Eine Trainingsmatte ist zwei Meter lang. Wenn ich zwei Matten Fußende an Fußende lege, sind die Köpfe fast vier Meter voneinander entfernt. Überall in unseren Anlagen stehen Spender mit Desinfektionsmitteln zur Verfügung. Das war im Übrigen schon immer so.

Woran üben Sie Kritik?

Mich enttäuscht, dass wir in den Überlegungen der Politik, was zu lockern ist, offenbar überhaupt nicht vorkommen. Wir werden als Vergnügungsindustrie bezeichnet. Aber alle freuen sich über erhebliche Steuerabgaben jeglicher Art, die unsere Branche regelmäßig zahlt.

Wie lange können Sie diese Situation noch durchhalten?

Hm. Höchstens noch zwei Monate. Ich bin den Tränen nah. Denn ich habe keinerlei Aussichten und ich weiß nicht, wie es weitergehen soll. Ich habe im Jahr 2003 begonnen, diese Unternehmen sind mein Lebenswerk. Wenn sich die Situation nicht ändert, ist Insolvenz ein Thema.