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Wirtschaft Von Kränen, Schleppern und Krisen

Die flüssige Bronze für die Domglocke und die fertige Domina hingen an seinem Haken. Kran-Schäfer ist vielen Halberstädtern ein Begriff.

02.07.2017, 04:22

Halberstadt l Jedes Jahr sind es rund eine bis anderthalb Millionen Euro, die in das Unternehmen investiert werden, berichtet Martin Schäfer. Keine kleine Summe. „Wir müssen regelmäßig unseren Fuhrpark erneuern“, sagt der Halberstädter Unternehmer, „das ist einfach notwendig, um am Markt bestehen zu können“. Martin Schäfer hat viele wirtschaftliche Höhen und Tiefen erlebt, seit er am 1. Juli 1990 den Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit wagte. Die Firma Martin Schäfer Baumaschinen und Krantechnik bestand damals aus exakt einem Mitarbeiter – ihm selbst. Heute, 27 Jahre später, stehen 45 Männer und Frauen in Lohn und Brot bei Martin Schäfer, der seinen Sohn Stefan als Nachfolger einarbeitet.

„Man braucht einfach ein paar Jahre, um sich nicht nur fachlich auszukennen, sondern auch im Umgang mit Kunden und Mitarbeitern den richtigen Ton zu treffen“, sagt der Seniorchef. Dazu kommt die für den Laien verwirrende Vielfalt an rechtlichen Vorgaben, die es zu beachten gilt. Stefan Schäfer erwarb Anfang des Jahres die fachliche Qualifikation zur Leitung des Güterfrachtverkehrs und hat inzwischen die Prokura für das Familienunternehmen.

Seit elf Jahren ist Martin Schäfer nicht nur allein in der Krantechnik unterwegs, sondern auch im Speditionsgeschäft. „Das hat uns in den Krisenzeiten der Baubranche das wirtschaftliche Überleben gesichert“, sagt Martin Schäfer. Die Auswirkungen der Krise hätten 2009 fast das Aus bedeutet.

Inzwischen gibt es keine Turmdrehkräne mehr bei Kran-Schäfer, dafür sind die Autokrane ständig unterwegs. Schäfers Leute sind im Einsatz, wenn große Maschinen abgebaut und umgesetzt werden müssen. 2014 investierte der Halberstädter in die Anschaffung eines richtig großen 130-Tonnen-Autokrans. „Damit sind wir in der mittleren bis oberen Kranleistungsklasse gut aufgestellt“, sagt Schäfer. Sein großer Kran steht schon seit einem Dreivierteljahr auf einer Dauerbaustelle und wird wohl dort auch noch ein weiteres Jahr im Einsatz sein. So ein langfristiger Auftrag schafft Sicherheit, hilft, die Investition wieder einzuspielen.

„Im vergangenen Jahr waren wir mutig und haben uns zusätzlich einen 50-Tonnen-Kran mit speziellen Eigenschaften gekauft. Den gibt es nur einmal am Markt“, berichtet Martin Schäfer. Der Kranfahrer sitzt in einer Teleskopkabine, die auf eine maximale Höhe von acht Metern hochfahren kann. „Damit ist der Kranfahrer auf Augenhöhe mit den Monteuren, das erleichtert die Kommunikation enorm“, sagt der Firmenchef.

Ihm ist anzumerken, wie froh er über die positive Entwicklung der Firma ist, nachdem es so viele Schwierigkeiten zu meistern galt. Dass ihm mit der Einstellung eines erfahrenen Vertriebsmitarbeiters für den Kranbereich ein besonderer Coup gelungen ist, freut ihn ebenfalls. Der neue Mann im Team hat nicht nur umfangreiches Branchenwissen und Kundenkontakte mitgebracht. Er besitzt zudem spezielle Erfahrung im Marktsegmet der Kräne über 100 Tonnen. Ein Segment, in dem sich noch Geld verdienen lässt.

In anderen Tonnage-Größen ist das schwieriger. Und wenn selbst eine Landesregierung von einem Allzeittief der Investitionstätigkeit berichtet, wie es 2016 der Fall war, ahnt man, welche Auswirkungen das auf Dienstleister wie Schäfer hat. „Inzwischen ist zum Glück eine leichte Besserung zu spüren“, sagt Schäfer, der Mitglied in der Roland-Initiative und im Rotary-Club Halberstadt ist und für seinen Stadtteil, die Sargstedter Siedlung, ein zuverlässiger Unterstützer.

Gut unterwegs ist seine Firma in Sachen Logistik. Neben den modernen Autokranen des Unternehmens, die das regionale Baugeschehen mitbestimmen, sind 26 Fahrzeuge mit dem Logo Kranschäfer unterwegs. Bundesweit. „Wir bedienen vor allem Unternehmen der Bauwirtschaft“, sagt Schäfer. Der derzeitige Bauboom sorge für eine starke Nachfrage nach Transportraum. „Auch hier haben wir uns spezialisiert“, so Schäfer, der stolz seine neuesten Erwerbungen im Fuhrpark präsentiert. Acht neue Sattelzugmaschinen gehören jetzt zur Fahrzeugflotte, ein neuer Betoninnenlader und zwei offene Plateauauflieger. Um besonders lange Betonelemente transportieren zu können, sind Telekopsattelzüge unterwegs, die bis zu 25 Meter lang werden können. Um solche Spezialfahrzeuge sicher bedienen zu können, braucht es verantwortungsbewusste Mitarbeiter. Doch auch Martin Schäfer weiß, wie schwierig die Gewinnung von Nachwuchs ist. Umso wichtiger wird die Bindung der Belegschaft an das Unternehmen. „Wir können aufgrund des enormen Preisdrucks in der Branche leider kein Füllhorn bei den Löhnen ausschütten“, sagt der Unternehmer. Deshalb gibt es unter anderem neben einem soliden Grundgehalt eine monatliche Prämie für unfallfreies Fahren und Zuschüsse für eine gesunde Lebensweise. Hier zu investieren, sei sinnvoller, als Krankentage bezahlen zu müssen.

Das mittelständische Unternehmen investiert aber nicht nur in die Gesundheit der Mitarbeiter und in große Fahrzeuge. Auch moderne Steuerungstechnik gehört dazu, will man am Markt bestehen. So wurde ein neues Telematiksystem installiert, das hilft, die Touren besser zu planen. Auch die Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten kann so überprüft werden, Fahrer und Disponent können direkt in Kontakt treten, wenn es eng wird.