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Streitpunkt Agrarsektor Alternativen zu US-Markt: Industrie will Südamerika-Abkommen

Donald Trump bereitet den Unternehmen in Europa Kopfschmerzen - daher wächst der Druck, den Handel mit anderen Regionen auszuweiten. Ein interessanter Kandidat für ein Freihandelsabkommen: Südamerika - und dort vor allem Brasilien.

24.06.2018, 10:25

Berlin (dpa) - Die Industrie fordert von der Bundesregierung wegen des Zollkonflikts mit den USA, sich für den raschen Abschluss eines Freihandelsabkommen zwischen EU und Südamerika einzusetzen.

"Durch den Abbau von Zöllen würden europäische Unternehmen dabei jährlich mehr als vier Milliarden Euro einsparen", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Dieter Kempf, der Deutschen Presse-Agentur.

Seit 1999 wird über eines der größten Freihandelsabkommen der Welt zwischen der Europäischen Union und dem südamerikanischen Mercosur-Bund diskutiert, aber immer wieder stockten die Verhandlungen, vor allem wegen des Streits über den Agrarsektor.

Länder wie Brasilien und Argentinien mit einer hohen Soja- und Fleischproduktion wollen verstärkt auf den europäischen Markt drängen - Brasilien wiederum steht in der Kritik, mit hohen Zöllen und Bürokratie eine größere Marktöffnung zu blockieren. Ein Dauerthema ist zudem ein fehlendes Doppelbesteuerungsabkommen Brasiliens mit Deutschland.

"Fast zwei Jahrzehnte nach Beginn der Verhandlungen zwischen der EU und dem Mercosur müssen beide Seiten endlich den politischen Willen aufbringen, jetzt ein Abkommen abzuschließen", forderte Kempf.

In Köln finden bis Dienstag die 36. Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage statt. Wegen immer neuer Strafzolldrohungen von US-Präsident Donald Trump - so droht er mit 20 Prozent Einfuhrzoll auf alle Autos aus Europa - suchen Unternehmen nach Alternativen in anderen Märkten. Gerade Brasilien ist dabei mit seinen 210 Millionen Einwohnern hochinteressant - nach Jahren der tiefen Rezession wächst die Wirtschaft dort wieder.

"Es geht um die globale Handelsordnung, die vom Recht des Stärkeren zunehmend erschüttert wird", sagte Kempf. "Gerade für eine exportstarke Industrienation wie Deutschland wird das zunehmend gefährlich." Der Abschluss eines EU-Mercosur-Freihandelsabkommens wäre ein starkes Signal in einer zunehmend protektionistischen Welt. Der Mercosur könnte durch Einfuhren von Anlagen und Maschinen aus der EU die eigenen Industrien modernisieren, so Kempf.

Brasilien ist die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt und neben Argentinien das wichtigste Mercosur-Mitglied. Insgesamt sind 1600 deutsche Unternehmen in Brasilien aktiv, die laut BDI rund zehn Prozent des industriellen Bruttoinlandsprodukts erarbeiten.

Deutschland ist der viertgrößte Handelspartner. Köln als Ausrichter der Wirtschaftstage ist Partnerstadt von Rio de Janeiro und setzt auf Kooperationen zum Beispiel im Bereich der Recycling- und Müllwirtschaft. Zudem will man eine Niederlassung des viertgrößten Flugzeugbauers Embraer nach Köln holen.

Brasilien ist von den von US-Präsident Trump verhängten Strafzöllen auf Stahl betroffen und sucht neue Absatzmärkte. 2017 erwirtschaftete Brasilien einen Rekord-Außenhandelsüberschuss von 67 Milliarden Dollar. Fachleute sehen im Ausbau des Schienennetzes großes Potenzial. Derzeit wird in Brasilien fast alles auf der Straße transportiert. Das könnte auch für europäische Unternehmen riesige Geschäftsfelder versprechen.