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"Keine Versorgungskrise" Arbeitsministerium gegen Sonntagszustellung von Paketen

Angesichts der Flut von Paketen will die Deutsche Post auch sonntags zustellen dürfen. Nach den Gewerkschaften bezieht auch das Ministerium von Arbeitsminister Heil klar Stellung - und spricht von nicht nachvollziehbaten "Zumutungen". Beendet ist der Streit damit aber nicht.

22.04.2020, 14:12
Oliver Berg
Oliver Berg dpa

Berlin (dpa) - Das Bundesarbeitsministerium lehnt die von der Deutschen Post angestrebte Zulassung einer Sonntagszustellung von Paketen ab. Ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, dies werde vom Ministerium nicht befürwortet.

"Wie bereits das Verwaltungsgericht Berlin in mehreren Eilverfahren entschieden hat, liegt keine Versorgungskrise vor, die die Versorgung der Bevölkerung durch eine Sonntagszustellung von Paketen dringend nötig machen würde."

Ein wegen der Ostertage, der Kontaktbeschränkungen und der Schließung vieler Verkaufsgeschäfte vorübergehend auftretendes erhöhtes Paketaufkommen sei kein Grund, um in das verfassungsrechtlich garantierte Recht auf Sonntagsruhe einzugreifen, sagte der Sprecher. "Es ist auch politisch nicht nachvollziehbar, warum die in der Krise erheblich zusätzlich belasteten Paketzustellfahrer noch weiteren Zumutungen ausgesetzt werden sollen."

Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte, die Beratungen dazu in der Bundesregierung liefen noch. Der Einzelhandel weise darauf hin, dass es in Corona-Zeiten zwar keine Versorgungskrise gebe, aber ein erhöhtes Aufkommen von Postsendungen - weil kleine Einzelhändler versuchten, ihre Existenz durch Online-Verkäufe zu sichern. Für dieses Anliegen habe man Verständnis.

Ein Postsprecher hatte betonte, der Konzern strebe keine regelmäßige, bundesweite Sonntagszustellung an. Man wolle aber Sonntagsarbeit in der derzeitigen Ausnahmesituation "punktuell und nach Abstimmung mit den örtlichen Betriebsräten" einsetzen, um schnell auf bestehende regional begrenzte Engpässe zu reagieren. Auch bei einem nur punktuellen Einsatz von Sonntagsarbeit wäre ein bundesweit einheitlicher rechtlicher Rahmen sinnvoll.

Hintergrund ist eine Flut an Paketen, weil viele Läden im Kampf gegen eine Ausbreitung des Coronavirus immer noch geschlossen haben. Ein Post-Sprecher hatte gesagt, die Paketmenge habe einen Umfang, der eine Zustellung an Sonntagen im Interesse der Kunden erforderlich machen könnte.

Die Überlegungen der Post für eine Sonntagszustellung waren auch bei Gewerkschaften auf Skepsis gestoßen. Verdi machte deutlich, es gebe keine Notwendigkeit für bundesweite Ausnahmeregelungen. "Aufgrund der bestehenden Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie ist in der Zustellung die Erreichbarkeit der Kundinnen und Kunden an den Werktagen sehr hoch", hatte ein Sprecher des Verdi-Bundesvorstands gesagt. Sollte es nötig sein, zum Gesundheitsschutz regional die Zustellung am Sonntag zu organisieren, müsse dies vorher mit den örtlichen Betriebsräten abgestimmt werden.

Auch die Kommunikationsgewerkschaft DPVKOM sieht die Sonntagszustellung "überaus skeptisch". In Bayern sei einem Antrag des Unternehmens, auch sonntags zustellen zu dürfen, bereits stattgegeben worden, sagte die DPVKOM-Bundesvorsitzende, Christina Dahlhaus. Die Post habe die Mitarbeiter mit attraktiven Zuwendungen zur Sonntagsarbeit gelockt. Verdi und DPVKOM sehen in fehlenden Personal den Grund für die Sonntagszustellung. Mit dem vorhandenen Mitarbeitern könnten die aktuellen Sendungsmengen "offenbar nicht in einer Sechs-Tages-Woche zugestellt werden", sagte Dahlhaus.