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Trotz Konjunkturschwäche Bundesregierung erwartet stabile Einkommen

Das böse R-Wort - Rezession - hört Peter Altmaier ungern. Er warnt vor negativen Schlagzeilen, denn diese könnten Auswirkungen auf die Kauflust der Verbraucher haben. Die Botschaft: zwar schwächelt die Konjunktur, Deutschland sei aber nicht in einer Krise.

Von Andreas Hoenig, dpa 17.10.2019, 16:09
Frank Molter
Frank Molter dpa

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung geht trotz einer anhaltenden Konjunkturschwäche von stabilen Einkommen und einem weiter hohen Beschäftigungsniveau in Deutschland aus. Allerdings belasten internationale Handelskonflikten und Unsicherheiten um den Brexit vor allem die deutsche Export-Industrie.

Die Regierung senkte gerade deshalb ihre Wachstumsprognose für 2020. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) warnte aber davor, die Konjunktur schlecht zu reden. Auch wenn die Aussichten gedämpft seien, drohe keine Konjunkturkrise.

Altmaier sprach am Donnerstag in Berlin von einer gespaltenen Konjunkturentwicklung in Deutschland. Die Industrie stehe außenwirtschaftlich unter Druck. Die Binnenkonjunktur aber sei weiter intakt. "Beschäftigung und Einkommen steigen und der Bausektor ist weiter in Hochkonjunktur."

Für das laufende Jahr bleibt die bereits vorsichtige Prognose der Bundesregierung unverändert: Sie erwartet wie auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ein Wachstum von 0,5 Prozent. 2018 war das Bruttoinlandsprodukt noch um 1,5 Prozent gestiegen.

Für das kommende Jahr aber rechnet nun auch die Regierung mit einem schwächeren Wachstum. Erwartet wird nun noch ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,0 Prozent - statt bisher 1,5 Prozent.

Dabei hilft der Konjunktur im kommenden Jahr ein Kalender-Effekt: Das Jahr 2020 hat mehr Arbeitstage. Allein dies bringe ein BIP-Plus von 0,4 Prozent, so Altmaier. Er erwartet zudem, dass sich der Welthandel wieder bewege und verwies auf Fortschritte im Handelskonflikt zwischen den USA und China - auch wenn es bisher nur eine Teileinigung der Konfliktparteien gibt. Zudem sei der Handelsstreit zwischen den USA und der EU nicht weiter verschärft worden. Indes gebe es bei den Verhandlungen noch sehr schwere Themen zu lösen.

Altmaier warnte davor, Unternehmen und Arbeitnehmer zu verunsichern. Die deutsche Wirtschaft wachse im Gesamtjahr nach wie vor. Allerdings droht bald eine "technischen Rezession". Davon sprechen Volkswirte, wenn das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge schrumpft. Im zweiten Vierteljahr 2019 war die Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorquartal um 0,1 Prozent gesunken. Die Wirtschaftsleistung könnte auch im dritten Quartal zurückgegangen sein, meint die Bundesbank.

Der Wirtschaftsminister will nun aber vermeiden, dass Verbraucher in Krisenstimmung verfallen und zurückhaltender werden bei großen Investitionen. Denn der Binnenkonsum ist die größte Stütze der deutschen Konjunktur. Die Regierung erwartet, dass die durchschnittlichen Nettolöhne in diesem Jahr um 3,1 Prozent und im kommenden Jahr um 2,8 Prozent steigen - deutlich über der Inflation. Die Beschäftigung wird laut Prognose 2020 erneut zulegen, auch wenn die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt etwas an Fahrt verliere.

Stützend für die Konjunktur wirken sich laut Altmaier zahlreichen Maßnahmen der Regierung aus, etwa Entlastungen für Familien. Er sprach sich erneut gegen Konjunkturpakete aus, um die Wirtschaft anzukurbeln. Altmaier bekräftigte aber seine Forderung nach strukturellen Änderungen - zum Beispiel einer umfassenden Reform der Unternehmenssteuern. Er will außerdem einen Fahrplan für eine vollständige Soli-Abschaffung. Diese Pläne aber stoßen auf Widerstand beim Koalitionspartner SPD.

Spitzenverbände der Wirtschaft forderten die Koalition nachdrücklich zum Handeln auf. "Wir Arbeitgeber sind ernsthaft in Sorge, wie viele Prognose-Warnschüsse die Politik noch braucht, um ihre Handlungen an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands BDA, Steffen Kampeter.

Auch der Industrieverband BDI forderte Entlastungen. Hauptgeschäftsführer Joachim Lang sagte, es sei höchste Zeit, jetzt damit zu beginnen, ein Sofortprogramm zur Stärkung der privaten und öffentlichen Investitionen auszuarbeiten. Der BDI rechne für das kommende Jahr mit keiner spürbaren Erholung der Konjunktur. "Das Rezessionsrisiko steigt vor allem in den USA, im Vereinigten Königreich und hierzulande. Der Welthandel und die weltweite Investitionstätigkeit durchlaufen eine gravierende Schwächephase." Die deutsche Industrie befinde sich bereits in einer Rezession.

Erst am Dienstag hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine globale Wachstumsvorhersage für dieses Jahr auf nunmehr 3 Prozent gesenkt - es war die vierte Reduzierung in Folge. Im Juli hatte der IWF noch ein Wachstum von 3,2 Prozent vorausgesagt. Er geht davon aus, dass der Handelskonflikt zwischen den USA und China die globale Wirtschaftsleistung bis 2020 um bis zu 700 Milliarden US-Dollar schwächen könnte. Das wären 0,8 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Mitteilung Bundeswirtschaftsministerium

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