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Studie Das Festnetz-Telefon kommt auch in Coronazeiten aus der Mode

In Coronazeiten bleiben die Menschen viel mehr in den eigenen vier Wänden. Da liegt die Schlussfolgerung nahe, dass sie häufiger zum guten alten Festnetztelefon greifen.

06.10.2020, 13:28

Köln (dpa) - Das Festnetz-Telefon verliert weiter rapide an Bedeutung. Obwohl viele Bürger in Coronazeiten weniger unterwegs sind, sinkt die Gesamtzahl der Sprachminuten über das Festnetztelefon dieses Jahr um neun Prozent im Vergleich zu 2019.

Dies geht aus einer in Köln vorgestellten Studie des Branchenverbandes VATM hervor. Nach Einschätzung des Studienautoren Torsten Gerpott wäre der Rückgang ohne die Pandemie noch stärker ausgefallen. Jeden Tag sind es dieses Jahr schätzungsweise nur noch 235 Millionen Festnetzminuten - grob gesagt also drei Minuten pro Kopf. 2013 waren es doppelt so viele.

Mit dem Mobiltelefon wurde hingegen mehr telefoniert (361 Millionen ausgehende Sprachminuten pro Tag, plus fünf Prozent). Besonders gefragt waren zudem Anbieter wie WhatsApp, Skype oder FaceTime - über diese Internetdienste wird in Deutschland laut der Studie inzwischen 213 Millionen Minuten pro Tag telefoniert, also fast so viel wie über das Festnetztelefon. Prozentual gesehen war das ein Plus von neun Prozent.

Noch vor drei Jahren war das Festnetztelefon das am häufigsten gewählte Mittel zum Anrufen, doch schon seit langem geht es bergab. VATM-Präsident Martin Witt begründete den Trend mit der Bedeutung des Smartphones, das sich daheim automatisch mit dem Festnetz-Internet verbindet. "Es ist bequemer, als an den Festnetzapparat zu gehen."

Aus der Statistik lässt sich übrigens nicht ableiten, dass die Menschen coronabedingt sehr viel mehr telefoniert haben als üblich, egal über welches Medium. Denn die Gesamtzahl der Sprachminuten liegt in etwa im Schnitt der vergangenen zehn Jahre.

Im Digitalzeitalter geht das rasante Datenwachstum weiter: Das genutzte Volumen über Breitband-Internetanschlüsse steigt 2020 den Angaben zufolge um rund 30 Prozent auf 72 Milliarden Gigabyte in Deutschland, über den Mobilfunk wurden 5,2 Milliarden Gigabyte abgerufen und damit gut 50 Prozent mehr als zuvor. In den Vorjahren war der prozentuale Anstieg ähnlich hoch. "Das sind eklatante Wachstumsdaten", sagte Professor Gerpott.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) ist ein Sprachrohr der Wettbewerber der Deutschen Telekom, also des früheren Staatsmonopolisten. Verbandsmitglieder sind unter anderem Vodafone, Telefónica und United Internet. Die jährliche Studie wird durchgeführt von der Unternehmensberatung Dialog Consult. Die Untersuchung zeigt, dass der Internetausbau auch dank hoher Investitionen vorankommt und immer mehr Haushalte ans schnelle Netz angeschlossen sind. So haben mittlerweile 8,3 Millionen Haushalte gigabitfähige Anschlüsse aktiviert, 2019 waren es nur fünf Millionen.

Ein weiteres Thema, das die Telekommunikationsbranche umtreibt, ist der neue Mobilfunkstandard 5G. Dessen Download-Speed ist bis zu 100 Mal schneller als 4G (auch LTE genannt). Vodafone und die Deutsche Telekom begannen schon 2019 mit dem Ausbau, seit Dienstag können auch Telefónicas O2-Kunden über erste eigene 5G-Antennen in das ultraschnelle Netz. Doch die Studie zeigt, dass 5G noch ein Nischenthema ist: Bis Ende des Jahres werden nach Schätzung der Experten nur 3,8 Prozent der Sim-Karten zur 5G-Übertragung genutzt.

© dpa-infocom, dpa:201006-99-843900/4