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Drohende EU-Kartellstrafe Erwartetes Bußgeld reißt BMW-Autosparte in die Verlustzone

Enorme Kosten für elektrische und selbstfahrende Autos, schwächelnde Märkte, steigende Rohstoffpreise - die Autobranche steht unter Druck. Aber nicht diese Belastung, sondern ein Brief aus Brüssel schlägt beim erfolgsverwöhnten BMW-Konzern jetzt gewaltig ins Kontor.

07.05.2019, 14:39

München (dpa) - Eine drohende EU-Kartellstrafe in Milliardenhöhe hat BMW die Bilanz verhagelt. Im Kerngeschäft rutschte der Autobauer im ersten Quartal deshalb sogar in die roten Zahlen, wie Finanzvorstand Nicolas Peter in München sagte.

Nur mit den Gewinnen aus dem Leasing- und Kreditgeschäft und der Motorradsparte schaffte BMW noch einen Überschuss von 588 Millionen Euro - 74 Prozent weniger als vor einem Jahr.

Die EU-Kommission wirft BMW, VW und Daimler illegale Absprachen bei Technik zur Abgasreinigung vor. Für das erwartete Bußgeld hat BMW nun 1,4 Milliarden Euro zurückgestellt. Peter kündigte aber an, der Konzern werde sich "mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen", denn die Gespräche seien zulässig gewesen. VW und Daimler hatten sich der EU als Kronzeugen angeboten und keine Rückstellungen gebildet.

Im Gegensatz zu den direkten Konkurrenten Mercedes-Benz und Audi hatte BMW im ersten Quartal mehr Autos verkauft als im Vorjahr und den Umsatz mit 22,46 Milliarden Euro fast stabil gehalten. Aber auch bei den Münchnern belasteten steigende Investitionen für Elektroautos das Ergebnis stark.

Bis Jahresende will BMW zehn Plug-in-Hybrid-Modelle auf der Straße haben. Die Forschungs- und Entwicklungskosten stiegen um rund 100 Millionen Euro, die Investitionen in die Werke um 200 Millionen Euro. Fast alle Werke könnten jetzt auch elektrifizierte Modelle bauen, sagte Peter. Im Juni eröffnet BMW sein neues Werk in Mexiko. Währungseffekte und steigende Rohstoffpreise kosteten den Hersteller mehr als 100 Millionen Euro, im Gesamtjahr voraussichtlich gut 600 Millionen Euro, sagte Peter.

Im Autogeschäft machte BMW deshalb 27 Millionen Euro Verlust vor Steuern. Deutlich besser als im Vorjahr lief es dagegen im Leasing- und Kreditgeschäft und in der Motorradsparte. Damit schaffte der Konzern noch ein Ergebnis von 762 Millionen Euro vor Steuern und unter dem Strich von 588 Millionen Euro - nach 2,3 Milliarden Euro vor einem Jahr.

Sparen ist für BMW-Chef Harald Krüger jetzt das Gebot der Stunde: "Es gibt keine Tabus. Wir drehen jeden Stein um", sagte er. Um bis 2021 insgesamt 12 Milliarden Euro einzusparen, lässt er Einkauf, Material- und Fertigungskosten unter die Lupe nehmen. Die Entwicklung neuer Modelle soll dank Digitalisierung um ein Drittel kürzer werden. Von 2021 an soll fast die Hälfte der heutigen Antriebsvarianten entfallen, wenig gefragte Modelle wie der 3er Gran Tourismo werden gestrichen.

Ein Stellenabbau sei aber nicht geplant, sagte Krüger und bekräftigte, "dass wir die Zahl der Mitarbeiter auf dem Niveau des Vorjahres halten".

Schneller und effizienter werden will BMW auch mit Kooperationen, etwa mit Daimler bei der nächsten Stufe des autonomen Fahrens, die 2024 auf die Straße kommen soll. BMW und Daimler haben auch ihre Carsharing-Dienste zusammengelegt. Einer Überkreuzbeteiligung von Daimler und BMW erteilte der Vorstandschef jedoch eine Absage, "das schließe ich definitiv aus".

Die Jahresprognose blieb unverändert. "Wir liegen operativ auf Kurs und rechnen insbesondere in der zweiten Jahreshälfte mit Rückenwind dank steigender Verfügbarkeit zahlreicher neuer Modelle", sagte Krüger. In Europa und Amerika dürfte die Nachfrage leicht, in China deutlicher steigen, sagte Finanzvorstand Peter. Aber wegen der vielen Belastungen werde das Konzernergebnis vor Steuern "deutlich unter dem des Vorjahres liegen", also unter 8,9 Milliarden Euro. Im Autogeschäft soll das Ergebnis vor Steuern und Zinsen mindestens 4,5 Prozent vom Umsatz erreichen.

Im Gegensatz zum VW-Konzern hält sich BMW beim Antrieb der Zukunft alle Optionen offen - vom Verbrenner über Plug-in-Hybride und Batterieautos bis zur Brennstoffzelle. Die Kundenwünsche in den verschiedenen Weltregionen seien verschieden, "technologische Offenheit ist entscheidend", sagte Krüger.