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Treffen der Finanzminister EU uneins über härtere Steuerregeln für Digital-Riesen

Digitalkonzerne machen in Europa riesige Geschäfte, zahlen mangels physischer Präsenz aber weniger Steuern als andere Firmen. Bei den EU-Finanzministern herrscht Streit: Soll die EU vorpreschen oder erst auf eine internationale Lösung mit den Amerikanern drängen?

28.04.2018, 13:12

Sofia (dpa) - Im Kreis der EU-Finanzminister herrscht Uneinigkeit über die rasche Einführung härterer Steuerregeln für Digitalkonzerne wie Facebook und Google.

"Es gibt viele verschiedene Ansichten", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici nach dem informellen Treffen der EU-Ressortchefs am Samstag in Sofia. "Manche Länder wollen keine kurzfristige Entscheidung", meinte Bulgariens Finanzminister Wladislaw Goranow. Bulgarien hat derzeit den Vorsitz unter den EU-Staaten inne.

Große Digitalkonzerne zahlen der EU-Kommission zufolge deutlich weniger Steuern als herkömmliche Industrie- und Dienstleistungsbetriebe. Deutschland, Frankreich und einige andere Staaten forderten deshalb im vergangenen Jahr rasche Maßnahmen zur stärkeren Besteuerung. Sie kritisieren, dass die Konzerne in Europa gewaltige Umsätze und Gewinne verbuchen, aber kaum Steuern zahlen, da sie in den meisten Ländern keine versteuerbaren Firmensitze haben. Außerdem bündeln sie ihre Geschäfte in Ländern mit günstigen Steuerbedingungen, etwa in Irland.

"Uns gehen dadurch erhebliche Steuereinnahmen verloren", sagte Moscovici. Die Brüsseler Behörde hatte daher vorgeschlagen, für Unternehmen mit einem weltweiten Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro sowie einem Online-Umsatz von 50 Millionen Euro in Europa drei Prozent Ertragssteuer zu verhängen.

Längerfristig will die EU-Kommission außerdem die Körperschaftssteuer-Regeln ändern. EU-Staaten sollen dann Gewinne, die bei ihnen erwirtschaftet werden, auch ohne physische Präsenz eines Unternehmens besteuern können. Dazu sollen "digitale Betriebsstätten" eingeführt werden. Wenn eine Firma in einem Land etwa mehr als 100 000 Online-Nutzer verzeichnet oder in einem Jahr mehr als sieben Millionen Euro erwirtschaftet, würde sie als digital präsent gelten und müsste eine Steuererklärung abgeben.

In Steuerfragen müssen die EU-Staaten einstimmig entscheiden, Beschlüsse gelten hier daher als besonders schwierig. Neben den traditionell kritischen Iren äußerten nun vor allem Luxemburg und Malta Bedenken. Es müsse eine Lösung auf Ebene der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gefunden werden, sagte Luxemburgs Finanzminister Pierre Gramegna. "Wir müssen das mit den Amerikanern diskutieren. Wenn wir das ganz alleine machen als EU, wird die Digitalsteuer sehr wenig wirksam und für die Wettbewerbsfähigkeit von Europa schlecht sein." Maltas Finanzminister Edward Scicluna sagte: "Wir sind mehr auf der vorsichtigen Seite."

Deutschland und Frankreich ziehen in der Sache hingegen an einem Strang. Es sei ein großes moralisches Problem, das die größten Firmen nicht ihren öffentlichen Verpflichtungen nachkämen, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). "Wir können nicht länger akzeptieren, dass unsere kleinen und mittleren Unternehmen (..) hohe Steuern bezahlen und die Digital-Riesen nicht dasselbe entrichten", meinte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Eine Entscheidung in der Sache müsse bis spätestens Ende des Jahres fallen.