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In Japan inhaftiert Gericht lehnt erneut Freilassung von Automanager Ghosn ab

Seit mehr als zwei Monaten sitzt Carlos Ghosn in Untersuchungshaft. Und das kann noch Monate weitergehen. In Paris laufen Vorbereitungen für einen Führungswechsel bei Renault.

22.01.2019, 17:55

Tokio/Paris (dpa) - Der in Japan angeklagte Ex-Topmanager des Renault-Partners Nissan, Carlos Ghosn, bleibt in Untersuchungshaft. Das Bezirksgericht in Tokio wies einen erneuten Antrag seines Anwalts auf Freilassung gegen Kaution ab.

Der 64-jährige Ghosn, der einst Nissan vor der Pleite gerettet und zusammen mit Renault und Mitsubishi eine internationale Autoallianz geschmiedet hatte, war am 19. November in Tokio zusammen mit seiner früheren rechten Hand Greg Kelly wegen Verstoßes gegen japanische Börsenauflagen festgenommen und später angeklagt worden.

In Paris laufen Vorbereitungen für eine neue Führung bei Renault, wie Medien übereinstimmend berichteten. Das Unternehmen bestätigte lediglich, dass der Verwaltungsrat an diesem Donnerstag zusammenkommen werde. Es wird erwartet, dass Ghosns bisheriger Stellvertreter Thierry Bolloré nun dauerhaft das operative Geschäft des Konzerns leiten soll. Der Chef des Reifenherstellers Michelin, Jean-Dominique Senard, würde nach diesem Szenario den Präsidentenposten im Renault-Verwaltungsrat übernehmen. Ghosn ist bei Renault bisher offiziell immer noch Konzernchef.

Ghosn wird laut japanischer Staatsanwaltschaft auch vorgeworfen, private Investitionsverluste auf Nissan übertragen zu haben. Während Kelly kürzlich auf Kaution frei kam, sitzt Ghosn nach zwei Monaten weiter in der Untersuchungshaft. Die jüngste Entscheidung des Bezirksgerichts erfolgte einen Tag nachdem Ghosn für eine Freilassung auf Kaution versprochen hatte, eine elektronische Fußfessel zu tragen, seinen Pass abzugeben und für seine Bewacher zu bezahlen.

Ghosn hat kürzlich vor Gericht jegliches Fehlverhalten abgestritten. Seine Frau wandte sich an die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch und beklagte, ihr Mann werde harsch und unfair behandelt. Sie ist nicht die einzige, die Japans Justizsystem kritisiert. Durch die Verhaftung des Renault-Chefs ist auch die Weltöffentlichkeit auf die in dem Land herrschenden harten Bedingungen aufmerksam geworden.

Kritiker des japanischen Strafrechtssystems sprechen von einer "Geisel-Justiz". Häftlinge werden täglich stundenlang verhört, in der Regel ohne Beisein ihrer Anwälte. Besuche von Familienangehörigen und Rechtsanwälten sind begrenzt, die Verdächtigen sind von der Außenwelt isoliert.

Bis es im Fall Ghosn zu einem Prozess kommt, könnten noch Monate vergehen. Laut seinem Anwalt ist es äußerst selten in Japan, dass ein Gericht eine Freilassung auf Kaution gewährt, bevor ein Prozess beginnt. Zumal Ghosn sämtliche Anschuldigungen kategorisch zurückweist. Einen Termin für einen Prozess gibt es noch nicht. Das Gericht hatte Ghosn schon zuvor eine Entlassung aus dem Gefängnis gegen Kaution verweigert und auch einen Einspruch dagegen abgelehnt.