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Tourismus Impfpass und Schnelltests: Ist ein Sommerurlaub möglich?

Eine Entspannung bei den Corona-Zahlen ist nicht in Sicht, doch die Reisebranche lockt mit der Aussicht auf Sommerurlaub am Mittelmeer. Mehr Tests und ein digitaler Impfpass sollen das ermöglichen.

Von Christopher Weckwerth, dpa 28.02.2021, 11:42
Clara Margais
Clara Margais dpa

Berlin (dpa) - Deutschlands Reiseveranstalter hoffen trotz der weiter hohen Corona-Zahlen auf eine Reisewelle zur Sommersaison.

Dabei setzen sie neben der Ankündigung von Schnelltests, die jeder selbst durchführen kann, vor allem auf Überlegungen der Europäischen Union, eine Art Corona-Impfpass für freies Reisen einzuführen. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) fordert bei dem Thema Tempo. "Wir sollten schon jetzt mit Hochdruck am europäischen Impfpass arbeiten - am besten digital auf dem Smartphone", sagte Maas der "Bild am Sonntag". "Wir haben zu oft in dieser Pandemie wichtige Zeit verloren, weil wir für absehbare Probleme nicht frühzeitig Lösungen vorbereitet haben." Der Impfpass müsse rechtzeitig einsatzbereit sein, "wenn möglich auch schon zum Sommer".

Die Branche zeigt sich zuversichtlich. "Reisen in Europa wird im Sommer 2021 möglich sein - sicher und verantwortungsvoll", legt sich der Chef des Touristikkonzerns Tui, Fritz Joussen, bereits fest. "Ein europäischer Impfpass kann dabei helfen, Reisefreiheit wiederherzustellen. Daran besteht kein Zweifel." Mit Spanien, Griechenland und Zypern sei Tui bereits in enger Abstimmung für die Sommersaison. Weitere Mittelmeer-Länder würden bald folgen. Schon jetzt schlägt sich das Interesse am Urlaub Joussen zufolge wieder stärker in "Buchungen und Umsatz" nieder.

EU-Ratschef Charles Michel sagte zuletzt nach einem Gipfeltreffen, die 27 Staaten näherten sich beim Impfpass in ihren Vorstellungen an. Welche Rechte an das Dokument geknüpft sind, könne dann jedes Land für sich entscheiden. Die technische Entwicklung des EU-Impfpasses soll allerdings noch rund drei Monate dauern. Und geimpft sind bisher vor allem ältere und pflegebedürftige Menschen, die im Sommer nicht unbedingt nach Mallorca oder Malta fliegen werden.

Der Geschäftsführer von DER Touristik Deutschland, Mark Tantz, bezeichnete den jüngsten EU-Gipfel dennoch als Meilenstein. "Der digitale Impfpass wird eine erhebliche Erleichterung für den Reiseverkehr und insbesondere auf der Fernstrecke ein wichtiges Instrument werden", sagte er. Darüber hinaus werde eine ausgereifte Teststrategie "uns bis zur Herdenimmunität in den Weg zur Normalität führen".

Für die Branche ist eine starke Sommersaison bitternötig. Nach Angaben des Deutschen Reiseverbands (DRV) verzeichneten die deutschen Reiseveranstalter und -büros im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 80 Prozent, im Januar sogar von mehr als 90 Prozent. DRV-Präsident Norbert Fiebig appellierte daher: "Die Menschen, die endlich wieder raus möchten, brauchen eine Perspektive, aber auch die Unternehmen, die Reisen anbieten und vermitteln, sowie die fast drei Millionen Beschäftigten im Tourismus." Zudem seien die Urlaubsländer auf Touristen angewiesen.

Die Lufthansa geht davon aus, dass Reisen in Gebiete mit überschaubaren Infektionszahlen mit einer umfassenden Teststrategie wieder möglich werden. International anerkannte digitale Impf- und Testnachweise seien für das Wiederanlaufen des Flugverkehrs von hoher Bedeutung, sagte eine Sprecherin.

Doch wer in Pandemiezeiten Flüge bucht, der muss auch mit Annullierungen rechnen. Das hat sich zuletzt bei den Gerichten bemerkbar gemacht. "Die Annahme, dass der eingeschränkte Luftverkehr zu einem längerfristigen Verfahrenseinbruch bei den Amtsgerichten führt, hat sich nicht bestätigt", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Sonntag, online). Demnach sind im Lockdown im Frühjahr 2020 die Zahlen zwar zunächst stark zurückgegangen, im zweiten Halbjahr zogen sie jedoch deutlich an. Seit dem Sommer ging es dabei verstärkt um pandemiebedingte Streitigkeiten um Kostenerstattungen nach annullierten Flügen.

Und es gibt auch Veranstalter, die nicht ganz so optimistisch sind. "Die Diskussion um den Impfpass ist aus unserer Sicht zu früh angesetzt", sagte Manager Ralph Schiller vom Reisekonzern FTI. "Noch ist der Anteil an Geimpften in der Bevölkerung viel zu gering, als dass ein Impfpass zum jetzigen Zeitpunkt eine echte Veränderung für die Reisebranche und Urlauber bedeuten würde." In den nächsten Monaten sei längst nicht mit Gästezahlen wie vor Corona zu rechnen, wenn die Möglichkeit zu verreisen an den Impfpass gekoppelt werde. Eine technische Umsetzung des Passes bis Herbst wäre für ihn "vollkommen ausreichend". Wichtiger seien kurzfristig breite Testmöglichkeiten.

© dpa-infocom, dpa:210228-99-627232/2

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