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Vorwurf der Diskriminierung Kritik an Schufa-Eintrag nach Ende des Insolvenzverfahrens

Ein Privatinsolvenzverfahren ist sehr unangenehm und je länger der Schufa-Eintrag besteht, desto schwieriger wird es, eine Wohnung oder sogar einen neun Handyvertrag zu bekommen

15.08.2020, 08:34

Frankfurt/Main (dpa) - Rechtsexperten fordern bei der aktuellen Reform des Insolvenzrechts, den Schufa-Eintrag nach dem Ende einer Privatpleite von drei Jahren auf ein Jahr zu verkürzen.

"Der lange Schufa-Eintrag benachteiligt Verbraucher, die ein Insolvenzverfahren hinter sich gebracht haben", sagte Fachanwalt Kai Henning. "Bei einer Wohnungssuche, bei der heute eine Schufa-Auskunft üblich ist, scheiden sie sofort aus. Schwierigkeiten gibt es auch beim Abschluss beispielsweise von Handy-Verträgen", sagte ein Sprecher der Arbeitsgruppe Verbraucherinsolvenz im Deutschen Anwaltverein.

Verbraucher sollen nach einer Entscheidung des Kabinetts bei einer Pleite rascher von ihren Restschulden befreit werden. Das Verfahren soll künftig noch drei statt bisher im Regelfall sechs Jahre dauern. Diese Verkürzung war bisher nur möglich, wenn die Schuldner alle Verfahrenskosten und 35 Prozent der Forderungen der Insolvenzgläubiger beglichen hatten. Diese Voraussetzungen fallen nun weg. Im September soll sich der Bundestag mit der Reform befassen.

"Wir hoffen, dass vor allem dieser Punkt im parlamentarischen Verfahren geändert wird", sagte Henning. "Der Schufa-Eintrag von wohl weiterhin drei Jahren widerspricht dem Sinn des Gesetzes, dessen Ziel eine rasche Integration der Betroffenen ins Wirtschaftsleben ist."

Die Verkürzung bei der Befreiung von der Restschuld soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die vom 1. Oktober an beantragt werden. Sie wird bis Mitte 2025 befristet und erprobt. Bei Selbstständigen gilt die Befristung Henning zufolge nicht. Er sieht darin eine Diskriminierung von Verbrauchern.

Nach seiner Erfahrung sind die Menschen in Deutschland "treue Schuldner" und bemühen sich, eine Privatpleite möglichst zu vermeiden. "Das dürfte auch in der Corona-Krise gelten, in der aktuell viele Menschen in Kurzarbeit sind", sagte Henning.

Auch die Wirtschaftsauskunftei Creditreform sieht bislang bei den Verbraucherinsolvenzen kaum einen Effekt der Corona-Krise. Die Zahl der Privatpleiten verringerte sich in den ersten sechs Monaten weiter, um 6,4 Prozent auf 30.800. Trotz steigender Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit erwartet Creditreform im zweiten Halbjahr keine dramatische Änderung der Situation. Es sei ein langer Leidensweg, bis ein überschuldeter Verbraucher tatsächlich ins Insolvenzverfahren komme.

© dpa-infocom, dpa:200815-99-177162/2

Creditreform zu Insolvenzen im 1. Halbjahr 2020