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Ministerin Klöckner stellt vor Neues Weingesetz: Mehr Klarheit und schärferes Profil

Ein neues Gesetz will klaren Wein einschenken: Ministerin Klöckner legt dem Bundeskabinett den Entwurf für ein Weingesetz vor. Das hat zwei Ziele.

19.08.2020, 13:45

Berlin/Mainz (dpa) - Der Blick aufs Weinetikett soll Verbraucher nicht mehr ratlos machen: Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat den Entwurf für ein neues Weingesetz ins Kabinett gebracht, das die Geschäfte der deutschen Winzer verbessern und Weinliebhabern mehr Orientierung bieten soll.

Kern sei eine stärkere Herkunftsprofilierung deutscher Weine, sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Diese seien international angesehen, verlören aber im internationalen Vergleich seit Jahren Marktanteile, und auch die heimische Nachfrage sei "eher rückläufig".

Abhilfe soll unter anderem eine "Herkunfts-Pyramide" für den Wein schaffen. Ganz oben stehen Weine aus einzelnen Weinbergslagen, ganz unten steht Landwein aus Deutschland, ohne genauere Herkunftsangaben. Die Pyramide steht für den Grundsatz: "Je kleiner die Herkunft, desto höher die Anforderung und damit die Qualität", sagte Klöckner, die im rheinland-pfälzischen Weindorf Guldental selbst auf einem Weingut aufgewachsen ist. Dahinter steht die Idee, dass ein Lagenwein in besonderer Weise die Besonderheiten eines Weinbergs und seines Bodens zum Ausdruck bringt, in der Fachsprache als "Terroir" bezeichnet.

Die Unterscheidung von Lagenwein, Ortswein und Gutswein haben viele Winzer bereits eingeführt, nach dem Beispiel des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). Das neue Weingesetz passt das deutsche Recht damit auch den seit 2012 in der EU geltenden Bestimmungen an. Dazu gehört die Unterscheidung zwischen "geschützten Ursprungsbezeichnungen" (g.U.) - das ist etwa die Verbindung eines Ortsnamens mit der Bezeichnung einer Weinbergslage - und den weiter gefassten "geschützten geografischen Angaben" (g.g.A.) - das kann etwa der Name eines Anbaugebiets wie der Pfalz sein.

Für die endgültige Fassung der Weinverordnung sind einige Streitpunkte wie der Umgang mit den sogenannten Großlagen dem Vernehmen nach noch nicht endgültig geklärt. Großlagen tragen Bezeichnungen, die wie eine Einzellage aussehen, aber ganz verschiedene Weinberge umfassen. So kommt etwa der Moselwein "Piesporter Michelsberg" aus 37 Einzellagen in neun verschiedenen Gemeinden. Bei Weinen solcher Großlagen soll künftig der Ortsname nicht mehr auftauchen. Die Details sollen noch in Gesprächen mit Weinbauverbänden geklärt werden.

Das neue Weinrecht, das nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens im Dezember in Kraft treten könnte, bestimmt auch, dass Neuanpflanzungen von Weinreben auf 0,3 Prozent begrenzt werden. Konkret bedeute das, dass rund 300 Hektar Reben pro Jahr bis 2023 dazukommen dürften, erklärte Klöckner. Das sei im Interesse aller Winzer.

Zudem soll das Marketing für deutsche Weine verbessert werden. Frankreich oder Italien unternähmen da bereits "enorme Anstrengungen", sagte die Ministern. "Da legt Deutschland jetzt nach." Von 500.000 Euro würden die Mittel für die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung auf zwei Millionen Euro aufgestockt. Dazu kämen 37 Millionen Euro für die Bundesländer aus einem EU-Topf, die bisher nicht von allen Ländern genutzt worden sein.

Die Weinbauverbände in Deutschland stehen nun vor der Aufgabe, ihre konkreten Anforderungen für Qualitätsweine neu zu bestimmen. Mit dem neuen Weinrecht wird der allgemeine Rahmen vorgegeben. Die Erzeuger können für ihre Anbaugebiete spezifische Profile entwickeln, bis hin zur Bestimmung zulässiger Rebsorten und Vorgaben für Hektarerträge oder Restzuckergehalte. "Das wird eine relativ komplizierte Angelegenheit", erwartet der Präsident des Weinbauverbands Rheinhessen, Ingo Steitz.

Für die Entwicklung eigener Profile etwa zu Orts- und Lagenweinen wurden im vergangenen Jahr Schutzgemeinschaften gegründet. Zuvor war dies ausschließlich Gegenstand von Landesverordnungen. In der Schutzgemeinschaft Rheinhessen etwa sind neben dem Weinbauverband auch die Weinkellereien und Winzergenossenschaften vertreten.

"Da geht es darum, individuelle Qualitäten herauszuarbeiten", sagte Steitz. So sollen die Angaben auf dem Weinetikett dem zu erwartenden Geschmacksbild entsprechen. Auch die Anforderungen zu Weinen mit besonderem Prädikat wie Kabinett oder Spätlese sowie Geschmacksangaben wie "trocken" sollen in den Regionen entwickelt und festgelegt werden.

© dpa-infocom, dpa:200819-99-227052/2