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"Noch viel Luft nach oben" Teilen kommt an: Carsharing-Branche registriert mehr Nutzer

Die Carsharing-Branche steckt im Umbruch: Die Zahlen zu Nutzern und Autos steigen, die Branchengrößten fusionieren ihre Dienste. Kämpfen Klimaschützer und Anbieter jetzt an der gleichen Front?

Von Anne Pollmann, dpa 20.02.2019, 15:32

Berlin (dpa) - Die Carsharing-Branche in Deutschland sieht sich im Aufwind. Immer mehr Menschen registrieren sich für die Dienste, 350.000 Nutzerkonten sind im Laufe des Jahres 2018 dazugekommen. Das ergibt die Carsharing-Statistik 2019, die vom Bundesverband Carsharing vorgestellt wurde.

"Nach einer Stagnation ist der Markt wieder deutlich gewachsen", sagte Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Dachverbands. Die meisten Nutzer seien für sogenannte Free-Floating-Dienste registriert. Dabei sind Kunden mit Ausleihe und Rückgabe nicht an bestimmte Stationen gebunden. 1,81 Millionen der insgesamt 2,46 Millionen Nutzerkonten entfallen auf die stationslosen Dienste. Gemessen an der Flottengröße belegen Platz 1 und 2 unter den Free-Floating-Anbietern bereits jetzt die Autohersteller Daimler und BMW, die aktuell ihre Carsharing-Angebote Drivenow und Car2Go fusionieren.

Der Zusammenschluss zwischen den Branchengrößten macht Nehrke keine Sorgen. "Natürlich wird dadurch Deutschlands größtes Carsharing-Unternehmen entstehen", insgesamt ergebe sich auf dem Markt aber keine neue Wettbewerbssituation, weil die Anbieter nur an bestimmten Orten ihre Dienste anböten, an anderer Stelle dominierten andere Unternehmen den Markt, so Nehrke.

235.000 zusätzlichen Anmeldungen haben die Free-Floating-Anbieter im Jahr 2018 insgesamt verzeichnet, rund 115.000 mehr Nutzer waren es bei den stationsgebundenen Diensten. Auch Mischformen kommen laut Nehrke gut an.

Mehr Nutzer bedeuten auch mehr Fahrzeuge: 20.200 Autos waren im Januar in Deutschland als teilbares Gut unterwegs. Nehrke wünscht sich, dass sich der Trend fortsetzt und die Carsharing-Dienste langfristig dafür sorgen, dass Menschen komplett auf die Anschaffung eines eigenen Fahrzeugs verzichten.

Mit Zurückhaltung reagierte Ferdinand Dudenhöffer auf die neuen Zahlen: "Da ist noch extrem viel Luft nach oben", sagte der Verkehrswissenschaftler der Universität Duisburg-Essen der Deutschen Presse-Agentur. "Carsharing ist gut und richtig. Aber die Zahlen zeigen, dass es noch ein sehr weiter Weg nach oben ist und die Bedeutung heute noch sehr überschaubar ist", so Dudenhöffer.

Christian Hochfeld vom Thinktank Agora Verkehrswende betonte die Bedeutung von Carsharing-Angeboten zur Erreichung der im Klimaschutzplan vereinbarten Ziele für 2050. Die Bundesregierung gibt darin Minderungsziele für Treibhausgasemissionen von mindestens 55 Prozent bis 2030 und mindestens 70 Prozent bis 2040 vor. "Von den Zielen sind wir noch weit entfernt", meinte Hochfeld. Er forderte eine "konsequente Klima- und Verkehrspolitik" und einen "Wandel der Mobilitätskultur", die in der Autonation Deutschland aktuell noch zu stark mit dem eigenen Pkw verwoben sei.

Die Zunahme von Ridesharing und Pooling-Diensten, bei denen Nutzer gemeinsam Fahrtendienste nutzen können, bewerteten Hochfeld und Nehrke positiv. Der Verbandschef warnte jedoch vor "amerikanischen Verhältnissen" und sagte: "Wir wissen aus den USA, dass Uber und andere Ridesharing-Angebote den existierenden öffentlichen Nahverkehr so stark geschädigt haben, dass der wirtschaftlich an einigen Stellen nicht mehr tragfähig ist."

Mitte Februar hatte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ein Eckpunktepapier zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes vorgelegt, das eine Liberalisierung des Marktes für Dienstleister wie Uber vorsieht.