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Hoffen auf Sommer Tui kann Corona-Verlust noch nicht abstreifen

2021 soll für die coronageplagte Reisebranche ein "Übergangsjahr" werden, wie es bei Tui heißt. Noch hat der Konzern mit der schwachen Nachfrage zu kämpfen. Wird es spätestens zur Sommersaison besser?

09.02.2021, 09:59

Hannover (dpa) - Die Reisebeschränkungen wegen der Corona-Pandemie und Lockdowns in vielen Ländern haben den weltgrößten Reisekonzern Tui auch Ende 2020 tief in den roten Zahlen gehalten.

Im ersten Quartal des Geschäftsjahres bis Ende Dezember stand unterm Strich ein Verlust von knapp 803 Millionen Euro, wie das Unternehmen am Dienstag in Hannover mitteilte. Ein Jahr zuvor hatte Tui ein saisontypisches Minus verbucht, das noch weniger als ein Sechstel davon betrug. Der Umsatz sackte zuletzt um fast 88 Prozent auf 468 Millionen Euro ab.

Die Tui-Führung setzt nun auf eine dringend nötige Erholung im Sommer. Vorstandschef Fritz Joussen zeigte sich mit Blick auf den Fortschritt der Impfungen etwa in Großbritannien zuversichtlich: "Je entschlossener die Impfkampagnen umgesetzt werden, desto schneller können wir zu einer echten Reisefreiheit zurückkehren." Er rief andere Länder auf, den Briten hier nachzueifern: "Großbritannien ist viel schneller als alle anderen Länder. Vor allem Deutschland muss aufholen." Joussen warb außerdem erneut für mehr Corona-Schnelltests.

Die Touristikbranche gehört neben dem Luftverkehr und Gastgewerbe zu den am stärksten getroffenen Branchen. Tui hofft, dass ein Neustart schon in der Oster-Reisesaison in einigen Wochen beginnen kann. Der Anbieter hatte jüngst Reisen in wichtige Zielgebiete zum Beispiel am Mittelmeer bis Ende Februar oder Ende März abermals absagen müssen.

Für den Sommer zählt Tui nach eigenen Angaben konzernweit bereits 2,8 Millionen Buchungen, etwas mehr als die Hälfte des Volumens für den vergleichbaren Vorkrisen-Sommer vor zwei Jahren. Der Löwenanteil stammt mit 1,5 Millionen aus Großbritannien, wo Tui das Programm drei Monate früher freigeschaltet hatte. In Deutschland dagegen hat Tui laut Joussen bisher eine halbe Million Sommerurlaube verkauft. Der Rest entfalle auf Kunden etwa aus Frankreich und den Benelux-Staaten.

Nach Angaben des Tui-Chefs sind viele Reisewillige bereit, deutlich tiefer in die Tasche zu greifen als vor Corona. "Für den Tourismus, aber auch für Gastronomie und Kulturbetriebe ist dieser Trend ein gutes Signal." Die Preise der gebuchten Reisen lägen konzernweit im Schnitt 20 Prozent höher als im Jahr 2019. Das Angebot von Tui soll in der warmen Jahreszeit weiterhin 80 Prozent des Programms von 2019 erreichen. Planungsrisiken blieben allerdings, denn etliche Kunden buchten kurzfristiger und "deutlich später" als in normalen Zeiten.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2019/2020 (bis Ende September) waren die Pandemie-Folgen bei den Hannoveranern beträchtlich. Die Tui-Gruppe meldete 3,1 Milliarden Euro Verlust, der Umsatz schmolz von 18,9 auf 7,9 Milliarden Euro zusammen. Im Frühling hatte Tui fast den gesamten Betrieb einstellen müssen, im Sommer und Herbst lief das Geschäft nur zögerlich wieder an. Zuletzt gehörten die Kanaren "zu den wenigen für Urlauber erreichbaren Destinationen", so der Konzern.

Schon vor der Corona-Krise hatte sich ein Jobabbau abgezeichnet, der sich jetzt deutlich verschärft. An Art und Umfang der Kürzungen bei der Airline Tuifly oder bei den Reisebüros gibt es auch harsche Kritik aus Gewerkschaften und Belegschaft. Die "Maßnahmen für eine Neuausrichtung des Konzerns" habe man weiter vorangetrieben, hieß es.

Joussen berichtete, inzwischen seien auf Vollzeitbasis etwa 5000 der weltweit geplanten 8000 Stellenstreichungen vollzogen. In Reisebüros und Verwaltungen sei über die Hälfte der Einsparungen erreicht. Den gefährlichen Abfluss finanzieller Mittel habe man begrenzen können.

Der deutsche Staat hat Tui mit Milliardenhilfen vor dem Untergang bewahrt. Hinzugekommen war kürzlich eine Kapitalerhöhung. Der Bund kann nun mit maximal einem Viertel der Stimmrechte bei Tui einsteigen - der größte Eigner, die Firmengruppe der russischen Milliardärsfamilie Mordaschow, hat ihren Anteil auf etwas mehr als 30 Prozent erhöht.

© dpa-infocom, dpa:210209-99-360962/4