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Wirtschaft setzt auf Vernunft Zypries ruft USA zu Freihandel auf

Deutschland exportiert weit mehr in die USA, als es dort einkauft. Der starke deutsche Handelsüberschuss ärgert Washington schon lange - unter Trump drohen nun erstmals protektionistische Maßnahmen. Die Kanzlerin muss in Washington reichlich Überzeugungsarbeit leisten.

12.03.2017, 12:46

Berlin (dpa) - Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries hat an die US-Regierung appelliert, auf offene Märkte zu setzen. Vor dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit US-Präsident Donald Trump an diesem Dienstag warnte sie: "Abschottung macht alle ärmer."

Ziel sei ein "freier und fairer Welthandel, gerade angesichts weltweiter protektionistischer oder nationalistischer Ansätze", sagte die SPD-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur. 

Auch die deutschen Exporteure und die Industrie setzen auf Deeskalation. "Es ist gut, dass man jetzt miteinander spricht statt übereinander", sagte der Präsident des Außenhandelsverbandes BGA, Anton Börner, der dpa. Ziel müsse sein, Präsident Trump ruhig und sachlich deutlich zu machen, dass jede Beeinträchtigung des freien Welthandels die Weltkonjunktur schwäche und damit keine Volkswirtschaft profitiere - auch die USA nicht: "Verlierer werden alle sein, das kann nicht im Sinne des Präsidenten sein."

Merkel und Trump kommen an diesem Dienstag in Washington erstmals zu Gesprächen zusammen. Die neue US-Regierung hat zuletzt scharf den deutschen Handelsüberschuss kritisiert. Deutschland führt deutlich mehr aus, als es aus den USA importiert. Der Überschuss betrug 49 Milliarden Euro. Trump droht mit Importzöllen. Er favorisiert zudem bilaterale Lösungen mit anderen Ländern.

Der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, hält es für besonders wichtig, den Standpunkt einer deutschen, einer europäischen Wirtschaft, aber auch einer deutschen, europäischen Gesellschaftspolitik darzulegen: "Durchaus mit einem angemessenen Selbstbewusstsein", wie er im Deutschlandfunk sagte. "Wir müssen das ein oder andere klarstellen, zum Beispiel, dass wirtschaftspolitische Vorstellungen, die der amerikanische Präsident ja im Wesentlichen über Twitter-Botschaften geäußert hat, so nicht funktionieren werden."

Zypries nannte den Freihandel einen kräftigen Motor für Wachstum, Millionen von Arbeitsplätzen und Wohlstand: "Das ist nicht unbedingt eine Frage der Moral, sondern vielmehr der ökonomischen Vernunft, und gilt natürlich auch für die USA selbst." Sie sprach sich für eine starke und handlungsfähige Welthandelsorganisation WTO aus. Sie schaffe und setze Regeln für den weltweiten Handel. 

Mit Blick auf drohende US-Importzölle sagte die Wirtschaftsministerin, "Automobilproduktion findet global statt". Die deutsche Autoindustrie produziere in den USA mehr Autos, als sie dorthin exportiere. Zusammen mit den Zulieferern hätten deutsche Auto-Unternehmen mehr als 260 Fertigungsstandorte in den USA und beschäftigten dort etwa 110 000 Mitarbeiter.

Bilaterale Vereinbarungen mit den USA lehnt die Bundesregierung ab. In der "Welt am Sonntag" bekräftigte Zypries, dass die EU für Handelspolitik zuständig sei und das auch so bleiben werde. Je stärker der Gegenwind, desto fester müsse man zusammenstehen. "Wir sind offen, aber weder naiv, noch wehrlos." 

Die Chefin des Maschinenbauers Trumpf, Nicola Leibinger-Kammüller, forderte in der Zeitung die deutsche Wirtschaft auf, Trump die Stirn zu bieten. "Unternehmer und Manager müssen klar Stellung beziehen und die Politik von Abschottung und Protektionismus anprangern." Erste Auswirkungen seien schon jetzt zu spüren. Kunden in Mexiko zum Beispiel hätten bereits Aufträge storniert. Und Visa für Techniker würden komplizierter. Bayer-Chef Werner Baumann äußerte sich besorgt über Strafzölle: "In unserem Geschäft kann man grundsätzlich auf solche Änderungen nicht kurzfristig reagieren." 

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