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Zirkustiere Große Tiere, große Proteste

Hauptattraktion oder Leben unter unwürdigen Bedingungen? Der Circus Belly hat viele wilde Tiere mit nach Wernigerode gebracht.

Von Holger Manigk 08.10.2015, 01:01

Wernigerode l Eine klassische Zirkusshow verspricht der Circus Belly für seine Zeit in Wernigerode – mit modernen Elementen wie als Spiderman verkleideten Artisten, aber auch vielen großen Tieren. „Die Leute besuchen unsere Vorstellungen, um exotische Tiere zu sehen“, ist sich Direktor Klaus Köhler sicher.

Die Tierschutzorganisation Vier Pfoten hat den Zirkus seit langem im Visier. Zirkus Belly führe eine Vielzahl von Wildtieren mit sich. Darunter Alligatoren, einen Schimpansen, Tiger und Löwen. „Die beengten Platzverhältnisse, ständigen Standortwechsel und unzureichende Ernährung führen immer wieder zu Verhaltensstörungen und Krankheiten“, erklärt die Organisation auf Volksstimme-Nachfrage.

„Wir werden häufig kontrolliert, entgegnet Zirkuschef Klaus Köhler der Kritik und verweist auf die Begutachtungen von Tierärzten an den einzelnen Standorten des Zirkus‘. So stellte das Amt für Veterinärwesen des Landkreises Harz an der jüngsten Station in Thale vor knapp einer Woche „keine Auffälligkeiten“ fest.

Für Kritik bei Tierschützern und Tierrechtlern sorgt insbesondere die Haltung des Schimpansen Robby. In den Zirkusrechtlinien sei festgeschrieben, dass Menschenaffen nicht gehalten werden dürften, sagt Yvonne Nottebrock, die sich bei Vier Pfoten um das Thema Wildtiere kümmert. Allerdings seien die Richtlinien nicht verbindlich. Generell würden die Zirkusrichtlinien die in Zoos geltenden Standards weit unterschreiten. Veterinäre würden sich bei ihren Kontrollen aber an den Zirkusrichtlinien orientieren. Die Schimpansenhaltung im Zirkus Belly – der letzte Zirkus Europas, der noch einen Menschenaffen hält – werde dabei von den Behörden geduldet, so Yvonne Nottebrock.

Darauf reagiert Köhler: „Robby ist 41 Jahre alt, lebt bei mir, seit er drei ist.“ Der Schimpanse bekomme ausreichend Auslauf. Zirkus-Mitarbeiter würden sich täglich vier Stunden lang mit ihm beschäftigen. Bei den tierärztlichen Kontrollen wurden dem Affen „keine Anzeichen für Verhaltensauffälligkeiten“ bescheinigt. Im Salzlandkreis notierte der amtliche Tierarzt, Robby „macht einen entspannten, ausgeglichenen Eindruck“.

Zu der Forderung, den Affen an die renommierte Schimpansenauffang- und Rehabilitationseinrichtung AAP in den Niederlanden zu übergeben, sagt Zirkuschef Köhler: „Dort würde er eingehen, er kennt doch nur die Leute hier.“ In der Auffangstation seien Probleme mit seinen Artgenossen vorprogrammiert. Das bestätige ein Gutachten des Osnabrücker Zoodirektors Michael Böer.

Auch vor Gericht musste sich der Zirkus bereits verantworten. 2013 entschied das Landgericht Lüneburg in einem Verfahren zwischen der Tierrechtsorganisation Peta und dem Zirkus, dass bei der Schimpansenhaltung von einer „extrem tierquälerischen Haltung“ gesprochen werde dürfe.

Der Circus Belly gibt von heute bis zum Sonntag am Bruchanger fünf Vorstellungen auf bei seinem Premierenbesuch in Wernigerode. Sein Zelt fasst rund 700 Zuschauer.