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Frauen-Seminar Ein Hauch von Wende und 007

Zum Thema „Frauen in der DDR“ veranstaltete die Konrad-Adenauer-Stiftung am vergangenen Wochenende ein Seminar in Stendal.

Von Thomas Pusch 14.09.2015, 01:01

Stendal l Angelika Barbe nahm ihre Zuhörer mit auf eine Zeitreise. „Als eine Änderung des Wehrgesetzes ins Haus stand, haben Bärbel Bohley und Katja Havemann die Initiative ,Frauen für den Frieden‘ ins Leben gerufen, das war 1982“, erzählte sie. Frauen sollten auch in die Volksarmee eingezogen werden. Barbes Vortrag war Teil eines Seminars der Konrad-Adenauer-Stiftung mit dem Thema „Frauen in der DDR“. Barbe sprach über die Rolle von Frauen in der friedlichen Revolution. Reaktion auf die neue Initiative war ein operativer Vorgang im Ministerium für Staatssicherheit namens „Wespen“. Zu dieser Gruppe der lästigen Insekten gehörten auch Freya Klier und Vera Lengsfeld. Sie wurden 1988 inhaftiert, jedoch sorgte dies erst recht für Motivation bei den Frauen. So gründeten Bohley und Havemann im Herbst 1989 das Neue Forum, die Stendaler Ärztin Erika Drees gehörte zu den Erstunterzeichnerinnen.

Auch Barbe selbst war kein unbeschriebenes Blatt. „In meiner Stasiakte heißt es, dass ich bei Wahlveranstaltungen mehrfach provokativ aufgetreten bin“, schilderte sie. Dabei hatte sie die Kandidaten lediglich gefragt, ob sie Mitglied der SED seien. Mielke habe einmal gesagt, die Macht des Staates sei die Angst der Anderen. Doch die sei Ende der 80er Jahre nicht mehr so groß gewesen, meinte Barbe. Während die Eltern noch die Bilder der sowjetischen Panzer vom 17. Juni 1953 im Hinterkopf gehabt hätten, sei dies bei den Jüngeren nicht mehr der Fall gewesen. Barbe war nicht nur in der Wendezeit aktiv, sondern saß auch vier Jahre lang im ersten gesamtdeutschen Bundestag.

Ein ganz anderes Thema hatte die Journalistin und Autorin Elisabeth Pfister nach Stendal mitgebracht. Sie stellte das Unternehmen Romeo vor. Unter diesem Namen engagierte die Stasi ab den 60er Jahren westdeutsche Frauen für ihre Zwecke. „Und das kostete einiges, die Männer brauchten gute Kleidung, ein Auto, eine repräsentative Wohnung“, zählte Pfister auf. Dem ostdeutschen Geheimdienst spielte die soziale Situation im Westen für sein Werben in die Karten. 30 Prozent der Sekretärinnen in den interessanten Positionen, etwa in der amerikanischen Botschaft oder dem Bundeskanzleramt, waren ledig oder geschieden – beides ein Makel zu jener Zeit. „Immerhin hatten westdeutsche Frauen bis 1970 kein Sorgerecht für ein uneheliches Kind, waren bis 1977 nicht voll geschäftsfähig, mussten beispielsweise den Mann um Erlaubnis fragen, wenn sie arbeiten gehen wollten“, gab Pfister Geschichtsunterricht.

So waren die Frauen trotz ihrer hohen beruflichen Qualifikation leichte Beute für jemanden, der sie in James-Bond-Manier umgarnte, sie beschenkte, beglückte und dann so ganz nebenbei nach Informationen für das Friedensforschungsinstitut oder eine ähnliche Institution, für die er angeblich arbeitete, fragte.

Pfister hat für ihr Buch viele Gespräche geführt. „Die Frauen sind allesamt kaputt“, hat sie festgestellt. Viele seien nicht bereit, die Romeos zu verdammen, manche würden sie in der Tat noch lieben. Den Männern falle es hingegen leichter, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Das Seminar bot nicht nur diese beiden Beiträge, sondern eine Vielfalt an Themen, etwa Frauen im Spannungsfeld zwischen Familie und Berufstätigkeit, in der DDR-Literatur und in Parteien und Massenorganisationen. Stets kam es zu angeregten Diskussionen der Seminarteilnehmer, die aus Ost und West angereist waren.