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Wahlparty Bibbern und Bangen in Leipzig

Clinton oder Trump? In Leipzig fiebern 300 Gäste aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen bei der Wahlparty des Generalkonsulats mit.

09.11.2016, 05:44

Leipzig l Es ist kurz vor halb fünf als Donald Trump auch noch Ohio holt. Der Sieg ist in Reichweite für den Mann, der auf der Wahlparty des Generalkonsulats in Leipzig kaum Fürsprecher hat. Bei einem Probewahlgang unter den etwa 300 Gästen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erhält der republikanische Präsidentschaftskandidat ein paar Stunden zuvor nur zwölf Prozent der Stimmen. Scott Riedmann, der Generalkonsul der amerikanischen Vertretung, die sich um die drei mitteldeutschen Länder kümmert, schwört seine Besucher da schon mal auf eine lange Nacht ein. „Es wird ein enges Rennen. Ich bin sehr, sehr gespannt", sagt der 51 Jahre alte Diplomat.

Riedmann feiert mit seinen Gästen im Mariott-Hotel am Leipziger Brühl. Die Räume, in denen der Konsul mit seinen Gästen die Wahlnacht verfolgt, heißen „South Dakota", „Utah" und „Arizona". Zwei Pappaufsteller grüßen vor den Eingängen. Wenn Siegesgewissheit an diesem Abend ein Gesicht hat, dann ist es das Gesicht der Papp-Hillary. Das breite, blitzende Lächeln der früheren First Lady und Außenministerin in ein beliebtes Fotomotiv. Josephine Ng nimmt ihr Smartphone und schießt ein Selfie. Dann sagt sie: „Mir ist ein bisschen schlecht". Sie sei ein wenig aufgeregt, erzählt die 29 Jahre US-Bürgerin aus San Francisco, die bereits seit sieben Jahren in Deutschland als Grundschullehrerin arbeitet. Derzeit bringt sie Kindern in Halle und Leipzig Englisch bei. Ng hat vor wenigen Wochen per Briefwahl gewählt, Hillary Clinton natürlich.

Wenige Augenblicke später schaltet sich US-Botschafter John Emerson per Videobotschaft aus Berlin zu. „Hallo Leipzig", ruft er in den Raum. Gut zwei Minuten spricht er über seinen letzten Besuch in Mitteldeutschland. Auch in Halle sei er gewesen, sagt Emerson. Dann kommt der Botschafter auf die Kandidatin Clinton zu sprechen. Sie wäre die erste Frau in diesem Amt, sagt Emerson. Über Donald Trump verliert er kein Wort.

Der Republikaner ist an diesem Abend in Leipzig eher Witzfigur denn Präsidentschaftskandidat. Sein Papp-Aufsteller findet sich schon mal auf der Schulter eines Party-Gasts wieder. Die Pins von Hillary Clinton, die am Eingang verteilt werden, sind bald vergriffen. Trump hingegen bleibt zurück. Nur Crister Garrett findet auf einer Podiumsdiskussion am Abend lobende Worte für den Milliardär: „Trump ist kein dummer Mensch", sagt der Professor, der an der Universität Leipzig am Institut für Amerikanistik lehrt. „Viele Amerikaner suchen Orientierung. Er hat das erkannt und verstanden. Kein anderer Republikaner war dazu in der Lage."

Doch wer zieht als Präsident in das Weiße Haus ein? Das Rennen ist eng. Um zwei Uhr liegt Hillary Clinton in Florida, North Carolina und Ohio vorne. Generalkonsul Riedmann sitzt da schon mit einer Flasche Wasser in der Hand auf einem der Stühle, die vor den großen Fernsehschirmen im „South-Dakota"-Raum aufgebaut wurden. Es ist Viertel nach Zwei als Donald Trump zum ersten Mal die Führung in Florida übernimmt. Riedmanns Gesprächspartner steht auf, geht zum Bildschirm und rauft sich durch die Haare. Dann kehrt er auf seinen Platz zurück. 86 Prozent der Stimmen im Sunshine-State sind laut CNN in diesem Moment ausgezählt. Die Tendenz geht in Richtung Trump. Auch in North Carolina und Virginia wechseln die Zahlen zu Trumps Vorteil. Dennoch liegt Clinton noch vorne. Gegen vier Uhr hat ein Großteil der Besucher die Wahlparty verlassen.

Scott Riedmann rechnet zu diesem Zeitpunkt noch damit, dass zwischen fünf und sechs Uhr morgens ein Ergebnis vorliegt. Dass es noch viel später wird, kann er da noch nicht ahnen.