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Flüchtlinge Gesetz zur Einwanderung gefordert

In Wanzleben wurde die Flüchtlingspolitik diskutiert. Dabei ging es kontrovers, aber sachlich zu.

Von Steffen Honig 19.01.2017, 00:01

Wanzleben l Dass das Flüchtlingsthema in Sachsen-Anhalt öffentlich besonnen debattiert werden kann, ist in Sachsen-Anhalt nicht selbstverständlich. Doch es geht, wie sich bei einem Forum der CDU-nahen Adenauer-Stiftung am Dienstagabend in Wanzleben zeigt. Im Sozialzentrum „Alter Bahnhof“ beleuchten Politik-Experten und hiesige Verantwortliche mit rund drei dutzend Gästen die Ursachen und Folgen der Massen-Migration nach Europa.

Die EU-Staaten hätten dabei 2015 nicht viel zu Stande gebracht, meint Thomas Kluge, stellvertretender Landrat des Bördekreises: „Wir waren an der Grenze zur Überforderung.“ Die Arbeit der ehenamtlichen Helfer habe die Situation gerettet. Heute würden rund 2200 Asylbewerber und Flüchtlinge im Landkreis Börde leben. 30 allgemeine Sprachkurse und 40 vertiefende Integrationskurse seien bisher angeboten wurden.

Die Migranten würden meist in Gemeinschaftunterkünften wohnen, mit Einzelmietverträgen sei es nicht einfach, geeignete Wohnungen gebe es kaum. Nach Arbeitsgelegenheiten hingegen werde mit dem Jobcenter und in Betrieben gesucht. „Um die Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren, braucht es Verständnis für diejenigen, die hierherkommen“, sagt Kluge.

Peter Martini, Magdeburger Vertreter des Verbandes für mittelständische Wirtschaft, spricht sich für auf den Bedarf von Unternehmen zugeschnittene Sprachschulungen aus. Vehement fordert er ein Einwanderungsgesetz.

Vize-Landrat Kluge resümiert: „Wir nehmen die Leute an die Hand – von der Wohnung bis zum Nahverkehr. Wer integriert werden möchte, findet hier gute Voraussetzungen.“

Kluge sitzt im Podium, Domerslebens Ortsbürgermeister Helge Szameitpreuß im Saal. „Bei uns fällt eine Frau mit Kopftuch furchtbar auf“, sagt der ehrenamtliche Kommunalpolitiker.

Von Beruf ist er Polizist und berichtet von schlechten Erfahrungen seiner Kolleginnen mit männlicher Migranten. „Mit Ihnen rede ich nicht“, bekämen die Polizistinnen da so zu hören. „Wir brauchen Kulturführer, nicht nur Sprachführer. Wir sind hier in der Börde und nicht inAfghanistan.“

Bruno Munoz-Perez kennt sich besser in Afrika als in Asien aus. Zehn Jahre hat er in Westafrika gelebt und betreibt heute ein Netzwerk für deutsch-afrikanischen Austausch in Hannover.

Er macht keine Hoffnung auf ein Abebben des Flüchtlingsstroms und spricht vom „Mythos Europa“. Im Gegensatz zum deutschen Desinteresse an Afrika genieße dabei Deutschland dort höchstes Ansehen. Wer es geschafft habe, sich in Europa zu etablieren und in die Heimat zurückkehre, genieße „gottähnlichen“ Status. Dabei trügen die Europäer eine Mitschuld am Elend, wenn sie etwa in großem Maßstab Fischfang vor Afrika betrieben oder die Märkte mit Altkleidern überschwemmten.

Munoz-Perez beziffert die reale Arbeitslosigkeit im Sub-sahara-Afrika mit 85 Prozent. „Wenn es keine Möglichkeit gibt, etwas zu erreichen, sucht man das Weite.“ Als Lösungsansatz verweist er auf „die Verantwortung der Afrikaner, dafür zu sorgen, dass sie nicht von Despoten und Kleptomanen regiert werden“.

Ein Beispiel sei der Arabische Frühling. Wie bekannt, eine gnadenlos gescheiterte Rebellion.