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Tag der Putzfrau Das Gefühl ein Familienmitglied zu sein

Karin Guth, Haushaltshilfe seit acht Jahren, berichtet von ihren Erfahrungen und warum sie nicht Putzfrau genannt werden möchte.

Von Andreas Satzke 08.11.2015, 00:01

Magdeburg l Angefangen in Haushalten zu putzen hat Karin Guth 2007, „zuerst als Nebentätigkeit zu meinem Beruf", wie die Magdeburgerin erzählt. Da sich die Aufträge häuften, sie die Kunden nicht mehr alleine betreuen konnte, baute sie mit ihrem Mann Sven im Jahr 2009 ein Unternehmen auf. Karin Guth eingerechnet arbeiten inzwischen 16 Haushaltshilfen für das Unternehmen. „Wir verzichten bewusst auf die Bezeichnung Putzfrau, nicht weil wir mit dem Wort ein Problem haben, aber ich sehe meine Arbeit eher mit dem Wort Haushaltshilfe getroffen, denn ich putze ja nicht nur, sondern kümmere mich auch um andere Dinge im Haushalt." Dabei sehen sowohl sie als auch ihr Mann das Image, das dem Wort Putzfrau anhaftet, kritisch. „Es ist schade, dass dieser Beruf so einen schlechten Ruf hat, schließlich bietet er einen Wert für den Kunden", sagt Sven Guth.

Ihre Kunden seien in nahezu allen Schichten zu finden, nicht nur in den oberen Gehaltsklassen, erzählt Karin Guth. Die Guths sehen vor allem die Schwarzarbeit in der Branche kritisch. „Es ist natürlich schwer mit den Preisen der Schwarzarbeiter mitzuhalten", meint Sven Guth. „Aber man muss auch mal sehen, von welchem Stundenlohn jemand wirklich leben kann." Viele würden nicht bedenken, dass von dem Lohn noch die Kosten für Anfahrt  und Versicherungen abgezogen würden. „Wenn der Stundenlohn dann noch ziemlich niedrig ist, bleibt nicht mehr viel für eine selbständig arbeitende Haushaltshilfe übrig", erzählt Karin Guth.

„Viele Kunden fragen bei uns nach, informieren sich darüber, wie unsere Haushaltshilfen bezahlt werden. Das spricht für deren Verantwortungsbewusstsein und die Wertschätzung der Arbeit." Das Verhältnis zu den Kunden sei sehr gut, sodass „die meisten seit Jahren dabei sind", erzählt Karin Guth. „Ist man lange bei einer Familie, fühlt man sich fast wie ein Familienmitglied", sagt die Magdeburgerin und führt weiter aus. „Es gibt Kinder bei unseren Kunden, die habe ich in den letzten Jahren mit aufwachsen sehen."

Schlechte Erfahrungen habe Karin Guth selten gemacht. Ihr Mann meint „der Kunde ist König, solange er sich königlich verhält. Wir erwarten, dass unsere Haushaltshilfen respektvoll behandelt werden." Sollte es doch einmal zu Problemen oder Unzufriedenheit kommen würde das, laut Karin Guth, direkt vor Ort geklärt. Es würden auch Vertretungen angeboten, sollte sie oder eine ihrer Kolleginnen einmal ausfallen. Das nehmen die Kunden aber selten an, zu stark sei die Bindung zur eigentlichen Haushaltshilfe.

Ein Grund dafür ist sicher, die Sorgfalt mit der gearbeitet wird. „Ich mache keinen Dienst nach Vorschrift", versichert Karin Guth. „Es ist die Aufgabe einer Haushaltshilfe auch selbst zu sehen, welche Dinge anfallen und diese selbstständig zu erledigen." Dabei gibt Karin Guth ihre Erfahrung aber auch gerne an ihre Mitarbeiterinnen weiter. Für die Ordnung und Sauberkeit in ihrem eigenen Haushalt sorgt sie übrigens auch selbst.

Neben den körperlichen Anstrengungen gehört zur Arbeit einer richtigen Haushaltshilfe auch eine Ausbildung. Darum kümmert sich das Ehepaar gemeinsam. Sven Guth vermittelt den Bewerberinnen eventuell fehlende, theoretische Grundlagen, Karin Guth nimmt die Neuen mit zum Kunden, um die Praxis zu testen. Sie sprechen bewusst von Mitarbeiterinnen. „Männer bewerben sich so gut wie keine bei uns", sagt Karin Guth. „Aber auch den Kunden ist es vermutlich lieber, wenn es eine Frau ist, die ihre privaten Dinge sieht." Generell ablehnen würden sie männliche Mitarbeiter aber nicht.

Generelle Ablehung gibt es auch für altbewährte Hausmittel nicht. Es müsse nur geprüft werden, ob die Hausmittel gefahrlos genutzt werden könnten. „Essig beispielsweise war früher gut um das Bad zu reinigen", erklärt Sven Guth. „Früher waren Badewannen oder Waschbecken aber oft aus anderen Materialien." Da es sich bei Essig zum Beispiel um ein saures Mittel handle, müsse vorher geprüft werden, ob moderne Untergründe diese vertragen. Er rät zudem grundsätzlich dazu, auf allzu ätzende Stoffe zu verzichten „nicht nur der Gestank ist oft sehr stark, die Dämpfe können auf Dauer und bei häufiger Anwendung auch schädlich sein".

Der „Tag der Putzfrau" ist beiden ein Begriff, erklären die Guths auf Nachfrage. Es sei schön, dass es für diese Branche einen solchen Tag gebe. Feiern wollten sie den Ehrentag für Haushaltshilfen allerdings nicht. Doch wer weiß schon, ob eine ihrer Mitarbeiterinnen nicht doch die symbolische weiße Rose zu „ihrem" Ehrentag erhält?