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Luftbilder Magdeburger vermessen die Welt

Geofly aus Magdeburg hat sich als Anbieter von Luftbildern einen Namen gemacht. Die Firma kooperiert derzeit mit Forschern auf Island.

04.12.2015, 23:01

Magdeburg l Aicke Damrau zeigt auf eine Weltkarte. Etwa ein Dutzend Länder auf verschiedenen Kontinenten sind darauf farblich markiert. „Dort haben wir schon Projekte gemacht“, erläutert der 45-jährige Geofly-Geschäftsführer. Ein aktuelles Projekt läuft auf Island, dort unterstützt das Unternehmen seit einem Jahr Vulkan-Forscher.

In regelmäßigen Abständen fotografiert ein Zwei-Mann-Team von Damrau aus einem Flugzeug heraus die isländischen Feuerberge mit hochauflösenden Digitalkameras. Die Aufnahmen werden dann zunächst nach Magdeburg verschickt und dort aufbereitet. „Wir bestimmen die Position der Gesteinsschichten und erstellen dreidimensionale Animationen von den Landschaften“, erklärt Damrau. Anschließend erhält die deutsch-isländische Forschergruppe die Aufnahmen und Daten, um die Gesteinsbewegungen tiefgründiger zu untersuchen.

„Auslandsaufträge machen inzwischen 40 Prozent unseres Umsatzes aus“, berichtet Damrau. Neben den Forschern zählen auch Behörden und Unternehmen zu den Kunden. Derzeit verhandelt Damrau mit Vertretern der kubanischen Regierung. Kuba befindet sich im wirtschaftlichen Wandel, die Regierung will die Land- und Eigentumsverhältnisse neu erfassen. Um ein sogenanntes Kataster anzulegen, braucht sie aber genaue Ortsangaben und Karten. Und die könnte Geofly liefern.

Im März könnte bereits ein Pilotprojekt in Havanna starten. Damrau würde mit Experten und einer Kameraausrüstung rüberfliegen, um dann erste digitale Luftbilder vom Inselstaat zu machen. „Noch ist der Auftrag aber nicht in trockenen Tüchern.“

Geofly hat es angesichts der Auftragslage in kurzer Zeit geschafft, sich als Anbieter von Geodaten international einen Namen zu machen. Erst 2008 hat Aicke Damrau die Firma mit zwei Geschäftspartnern gegründet, er beschäftigt inzwischen 19 Mitarbeiter, besitzt zwei Flugzeuge für die Fotografie und macht rund zwei Millionen Euro Umsatz im Jahr.

Der Erfolg ist dabei kein Hexenwerk, Damrau ist es gelungen, zur rechten Zeit eine Marktnische zu besetzen. Zu DDR-Zeiten hat der Magdeburger zunächst Vermessungstechnik gelernt, später ein Studium zum Vermessungsingenieur in Dresden drangehängt. „Ich dachte damals, ich mache eine klassische Karriere als Landvermesser.“

Doch ständig als Vermesser mit Fluchtstab und Messgerät durch die Gegend laufen, wollte er dann doch nicht. Er schrieb sich für ein Informatik-Studium ein und heuerte im Jahr 2000 bei Geocontent in Magdeburg an. Das Unternehmen hatte bis dato den ersten flächendeckenden, digitalen Luftbild-Datensatz von Deutschland zusammengetragen. Das Material war qualitativ so hochwertig, dass Google für seinen Kartendienst im Internet eine Lizenz kaufte.

Die Geocontent-Geschäftsführung wollte das Geschäft mit Erkundungsflügen jedoch nicht ausbauen. Zum Ärger von Damrau. „Damals erkannten viele Unternehmen, dass sich mit digitalen Luftbildern Projekte besser umsetzen lassen.“

Damrau entschied sich deshalb, eine eigene Firma aufzuziehen, die mit eigenen Flugzeugen digitale Luftbilder für Behörden und Unternehmen aufnimmt und verarbeitet. „Das Schwierigste bei der Gründung war die Finanzierung“, erzählt er. Nach langen Verhandlungen erhielt er 2008 eine Förderung über zwei Millionen Euro von der Investitionsbank – immerhin mitten in der Finanzkrise.

Und er hatte Glück bei der Suche nach Kunden. Der erste Auftrag kam vom Landesvermessungsamt in Mecklenburg-Vorpommern. Geofly durfte eine Fläche von 3000 Quadratkilometern aus der Luft abfotografieren. „Wir hatten für die Firma eigentlich ein langsames Wachstum geplant, wollten nicht zu viele Risiken eingehen, aber 2010 erhielten wir übers Internet bereits die erste Anfrage aus dem Ausland“, erzählt Damrau.

Bis heute zählen Luftaufnahmen für die Landesvermessungsämter der Bundesländer und für Unternehmen zum Brot-und-Butter-Geschäft von Geofly. „Da ja fortlaufend gebaut wird, verändern sich die Landschaften ständig. Dementsprechend brauchen die Behörden regelmäßig neue Luftaufnahmen.“ Zu den Firmenkunden zählen vorwiegend Energieunternehmen. „Stromnetz-Betreiber müssen zum Beispiel wissen, ob die Vegetation entlang der Trassen aus Sicherheitsgründen wieder beschnitten werden muss - den Überblick verschaffen wir mit Hilfe unserer Luftbilder.“

In den kommenden Jahren will Geofly weiter expandieren. Bereits beschlossen ist die Übernahme der Firma Geocontent, ab kommendem Jahr hat Damrau bei seinem früheren Arbeitgeber das Sagen: „Das Unternehmen wird in der Software-Entwicklung für uns eine wichtige Rolle spielen.“