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Landwirtschaft Schöne Kühe retten nicht vor dem Bankrott

Die aktuelle Milchkrise werden 50 Betriebe in Sachsen-Anhalt nicht überstehen, schätzt der Bund Deutscher Milchviehhalter ein.

Von Rudi-Michael Wienecke 26.03.2016, 01:00

Schwarzholz l Peter Schuchmann, Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Milchviehhalter (BDM), hat zum Frühstück eingeladen. Käse aus Spanien, Tirol, Griechenland, Dänemark und England stehen auf dem Tisch. „Deutschland importiert die Hochpreisprodukte, selber exportieren wir meist nur Milchpulver und Butter“, meint er. In Sachen Milch sei die Bundesrepublik der europäische Billigheimer.

Milch könne man auf der ganzen Welt, teilweise mit weniger Aufwand als in Deutschland, herstellen. Deshalb ist der Schwarzholzer (Landkreis Stendal) gegen die Exportorientierung. Was bringe das von Politik und Bauernverband propagierte Mehr an Wertschöpfung, wenn für den Landwirt damit ein Mehr an Verlusten vorprogrammiert ist.

Von Verlusten haben die Schuchmanns und ihre Kollegen genug. Seit August 2014 liegt der Milchpreis unter 30 Cent je Kilogramm, Tendenz fallend. 300 000 Euro Minus hat der Schwarzholzer Betrieb bisher zu beklagen, jeden Monat kommen etwa 25 000 Euro hinzu und Experten schätzen ein, dass das Preistief noch mindestens bis Jahresende anhält.

Die 230 Kühe der Schwarzholzer, darunter einige der besten Schaukühe Sachsen-Anhalts, gehören zu den Leistungsstärksten. Auf der Hitliste des Landeskontrollverbandes besetzt die GbR seit Jahren vordere Plätze. Doch dieser Bonus schützt nicht vor drohendem Bankrott. Schuchmanns ziehen die Notbremse, stellen am 1. April auf Bio um. Biomilch ist gefragt, wird derzeit mit 48 Cent pro Kilogramm bezahlt. Selbst wenn durch die Futterumstellung die Leistung seiner Tiere um 2000 Kilogramm pro Kuh im Jahr sinke, stehen bei der aktuellen Preisdifferenz noch 800 Euro mehr pro Kuh und Jahr unter dem Strich.

Schuchmanns fällt die Umstellung auf Bio relativ leicht. Andere Bauern müssen sich weiter mit Liquiditätshilfen über Wasser halten in der Hoffnung, dass die Banken mitspielen. Es wird auf Teufel komm raus gemolken. Jeder versucht den niedrigen Milchpreis über mehr Menge wenigstens teilweise auszugleichen. Aus wirtschaftlicher Sicht des Einzelnen ist das verständlich, insgesamt verschlimmert sich die Lage. Es schwemmt immer mehr Milch auf den Markt, die Preise rutschen weiter. „Die Bauern haben letzten Endes selber schuld“, so Schuchmann. Viele würden das nicht mehr lange durchhalten. Er rechnet, dass sich bis Jahresende in Sachsen-Anhalt noch mindestens 50 Betriebe von ihren Kühen trennen. Im Radius von 50 Kilometern um seinen Betrieb herum hätten bereits acht Milchbauern aufgegeben.

Während sich Politik und Bauernverband nach dem Quotenende entschieden gegen eine neue Form der Mengenregelung einsetzen, sieht der BDM darin den einzigen Weg aus der Misere. Nach Vorstellungen des Verbandes soll die Monitoringstelle in Brüssel den Markt im Auge behalten. Droht Überproduktion, soll frühzeitig gewarnt werden. Landwirten, die dann noch mehr Milch produzieren, droht eine Strafzahlung. Außerdem solle sich Europa auf die Eigenversorgung und nicht auf den Export konzentrieren. „Milch ist eben austauschbar“, so Schuchmann.