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Mensabetriebe Ein Essen, zwei Steuersätze

Ein Teller Spaghetti ist ein Teller Spaghetti. Für Sachsen-Anhalts Finanzämter sind sie aber keineswegs das Gleiche.

Von Hagen Eichler 26.04.2016, 01:01

Magdeburg/Halle l Mehr als zwei Millionen Essensportionen gehen in den Hochschulmensen des Landes jährlich über den Tresen, das Essen ist preiswert und für Studenten umsatzsteuerfrei. Genutzt werden die Mensen indes auch von Hochschulmitarbeitern und externen Gästen – und um den korrekten Steuersatz für sie ist nun Verwirrung ausgebrochen.

Betreiber der Mensen sind die beiden Studentenwerke des Landes, Magdeburg und Halle. Bislang stand in beiden Einrichtungen fest: Für Nicht-Studenten wird Umsatzsteuer fällig, und zwar der ermäßigte Satz von 7 Prozent. In Halle gilt das jedoch nicht mehr. Im vergangenen November rückten Steuerprüfer des Finanzamts an. Ihr Ergebnis: Für Nicht-Studenten ist nicht der ermäßigte, sondern der volle Satz von 19 Prozent fällig. Die Beamten kippten damit eine jahrzehntelange Praxis.

Das Studentenwerk Halle hat mit Preiserhöhungen reagiert. In den 13 Mensen des Unternehmens zahlen Nicht-Studenten mittlerweile 40 bis 60 Cent mehr für ihr Gericht. Betroffen sind die Hochschulstandorte Halle, Merseburg, Dessau, Köthen und Bernburg. „Das Studentenwerk bedauert diesen Schritt“, heißt es in einer Erklärung.

Paradox: Im Norden des Landes bleibt alles wie bisher. „Bei uns gab es in der letzten Zeit keine Steuerprüfung. Wir halten am ermäßigten Steuersatz fest“, sagt Gabriele Tomas, Geschäftsführerin des Studentenwerks Magdeburg. Das Unternehmen betreibt in Magdeburg, Stendal, Wernigerode und Halberstadt sechs Mensen. Hochschulmitarbeiter und andere Besucher sind als Kunden gern gesehen, um die Hochschulgastronomie auszulasten. „Ob wir 500 oder 800 Schnitzel produzieren, die Kosten für Energie und Personal sind die gleichen“, sagt Tomas.

Sollte sich das Finanzamt Magdeburg der Gesetzesauslegung der Hallenser Kollegen anschließen, müssten auch im Norden die Preise steigen. „Wie viel wir mehr nehmen müssen, haben wir noch nicht durchgerechnet“, sagt die Geschäftsführerin, „wir hoffen aber, dass alles so bleibt wie bisher.“ Denn steigende Preise dürften Gäste abschrecken. Sinkende Einnahmen könnten am Ende auch das Essen der Studenten verteuern.

Wie kann es sein, dass zwei Unternehmen für das gleiche Angebot unterschiedliche Steuersätze veranschlagen müssen? Das Finanzministerium will von einer Ungleichbehandlung nicht reden. Das Argument: Die Betriebsprüfung in Halle ist noch nicht abgeschlossen. Zwar beabsichtige das dortige Finanzamt, die Umsatzsteuer auf 19 Prozent heraufzusetzen. Ein Bescheid sei allerdings noch nicht zugestellt.

Hintergrund ist, dass sich die Länder auf eine einheitliche Regelung einigen wollen. Eine Arbeitsgruppe soll in den nächsten Tagen zusammenkommen. „Eine Entscheidung in dieser Angelegenheit ist frühestens Ende April zu erwarten“, sagt eine Ministeriumssprecherin.

Sollten sich alle Länder darauf einigen, dass die Bedienstetenessen wie bisher mit nur 7 Prozent besteuert werden, hat das Studentenwerk Halle eine knifflige Aufgabe: Es muss die Einnahmen aus seiner Preiserhöhung wieder zurückgeben. „Wie, das müssen wir noch sehen“, sagt Halles Studentenwerks-Geschäftsführerin Lydia Hüskens. „Aber wir wollen uns auf jeden Fall erkenntlich zeigen.“