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Autoindustrie In Zukunft mehr Unterstützung für E-Autos

EU-Vizepräsident Maros Sefcovic will strengere Abgaswerte für Autos ab dem Jahr 2021.

24.04.2017, 04:53

Brüssel (dpa) l Nach dem VW-Skandal will die EU-Kommission der Autoindustrie helfen, mit umweltfreundlichen Fahrzeugen ihre Stellung als „Supermacht“ zu sichern – so sagt es der für Energiefragen zuständige Vizepräsident Maros Sefcovic in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur zum Start der Hannover Messe. Das Rezept: neue Schadstoff-Grenzwerte und finanzielle Unterstützung bei Ladestationen für E-Autos und Brennstoffzellen.

Herr Kommissar, Sie haben neue Schadstoff-Grenzwerte für Autos für die Jahre ab 2021 angekündigt. Was genau planen Sie?

Maros Sefcovic: Wir arbeiten am letzten großen Paket zur Energieunion, und dabei geht es um klimafreundlichen Verkehr. 17 Prozent der Klimagase der EU stammen aus dem Straßenverkehr. Und jährlich sterben 450.000 Europäer vorzeitig wegen schlechter Luft. Das ist ein klarer Hinweis, dass wir etwas tun müssen. Aber unabhängig von der Bedeutung für die Menschen und das Klima ist es für die Autoindustrie und Europa sehr wichtig, dass hier die besten Autos gebaut werden – die saubersten, sichersten und effizientesten. China macht hier große Fortschritte und hat große Fabriken für Elektroautos. Ich will auf jeden Fall vermeiden, dass es der europäischen Autoindustrie ergeht wie (dem Filmhersteller) Kodak (bei der Einführung von Digitalkameras).

War die EU zu nachsichtig mit der Autoindustrie, so dass diese im Wettbewerb abgehängt wurde?

Wir waren sehr erfolgreich bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Wir sind die Nummer eins beim Verbrennungsmotor. Der Erfolg bei dieser Technologie hat uns dazu verleitet anzunehmen, dass wir bei Technologien wie Brennstoffzellen oder E-Autos nicht ganz so stark sein müssen. Aber ich glaube, das hat sich jetzt geändert.

Aber die Senkung der CO2-Emissionen von 170 auf 123 Gramm pro Kilometer fand doch weitgehend nur auf dem Papier statt, denn tatsächlich ist der Treibstoffverbrauch im normalen Verkehr um durchschnittlich 42 Prozent höher als bei Tests.

Es stimmt, dass es bei den Tests in der Vergangenheit viele Fehler gab. Wir sind dabei, das zu korrigieren. Die Autoindustrie hat einen hohen Preis für den VW-Skandal bezahlt. Es war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte und allen klarmachte, dass wir bei etlichen Punkten besser werden müssen. Es geht auch darum, das Vertrauen der Verbraucher wiederzugewinnen. Wir wollen emissionsfreie Autos voranbringen, dann wird diese Diskussion beendet.

Welche Schadstoffwerte sollen ab 2021 konkret gelten?

Wir prüfen gerade, was technisch möglich ist. Aber es wird natürlich ehrgeiziger sein als die jetzt vorgesehenen Werte. Gleichzeitig wollen wir den Aufbau von Ladestationen für alternative Antriebe beschleunigen. Laut einer neuen Studie würde die nötigste Infrastruktur auf den wichtigsten grenzüberschreitenden Straßen in Europa – dem sogenannten transeuropäischen Netz – rund 1,5 Milliarden Euro kosten. Das ist kein unerschwinglicher Betrag. Wir wollen zudem vorschlagen, bei Spitzentechnologie zusammenzuarbeiten: beim automatisierten Verkehr und kommunizierenden Autos. Wir wären damit der erste Kontinent, der die Infrastruktur für zwei zentrale Projekte hätte: alternative Antriebe und selbstfahrende und vernetzte Autos. Damit wären wir auf gutem Weg, im Autobau eine Supermacht zu bleiben.

Was kann die EU-Kommission dazu beitragen?

Wir müssen daraus eine Geschäftsidee und eine Investition machen. Deshalb prüfen wir zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten, um diese Infrastruktur auszubauen. Wir sprechen darüber mit der Europäischen Investitionsbank. Und wir prüfen, ob wir Einnahmen aus dem Verkauf von CO2-Zertifikaten verwenden können.

Wie schnell wird das gehen?

Die Mitgliedstaaten sollten nach jetzigem EU-Recht die Infrastruktur in den Jahren 2020 bis 2025 haben. In unserem geplanten Paket werden wir darlegen, wie wir das finanziell unterstützen. Damit können wir natürlich nicht fünf oder zehn Jahre warten. Die Lösungsvorschläge müssen wir schon dieses Jahr machen.

Zurück zu den künftigen Schadstoffgrenzwerten. Kann man davon ausgehen, dass sie nur mit alternativen Antrieben einzuhalten sind?

Bis 2050 sollten wir die Klimagase aus dem Verkehr um 60 Prozent verringern. Dafür brauchen wir Fortschritte bei allen verfügbaren Technologien, denn die herkömmlichen Autos werden nicht innerhalb eines Jahres ersetzt. Wir müssen sicherstellen, dass der Anteil schadstofffreier Autos Schritt für Schritt wächst und bis 2030 einen erheblichen Teil der Flotte ausmacht. Aber jetzt schon konkrete Zahlen zu nennen, wäre verfrüht.