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Interview BER-Chef: „Unser Ziel ist 2018“

Der neue Berliner Flughafenchef Lütke Daldrup erklärt, wie er das BER-Debakel beenden will.

17.04.2017, 23:01

Berlin (dpa) l Der neue Berliner Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hält nach fünf geplatzten Starts an einer Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens im nächsten Jahr fest. „Unser Ziel ist 2018“, sagt Lütke Daldrup im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Herr Lütke Daldrup, Ihre Vorgänger haben das Projekt BER hoch eingeordnet. Sie sprachen von nationaler Verantwortung und davon, dass es hier um die Reputation Deutschlands gehe. Wie sehen Sie es?

Engelbert Lütke Daldrup: Auf dieses Projekt schauen ganz viele, nicht nur in Deutschland. In der internationalen Wahrnehmung geht es um deutsche Ingenieurskunst und die Leistung der deutschen Bauwirtschaft bei Großprojekten. Deshalb geht es auch um die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen.

Das ist ein gewaltiger Anspruch an einen Geschäftsführer.

Ich bin mir dieser Verantwortung bewusst. Die Flughafengesellschaft wird häufig auf den BER und dessen Fertigstellung reduziert. Das ist und bleibt auch das wichtigste Ziel. Aber gleichzeitig sind wir ein sehr wichtiger Arbeitgeber in der Region. Mit 33 Millionen Fluggästen jährlich und vielen Tausend Arbeitsplätzen sind wir mit den Standorten Tegel und Schönefeld der drittgrößte Flughafen in Deutschland. Wir sind also ein enorm wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region und eine Jobmaschine. Es geht deshalb auch um die Verantwortung für die ganze Region.

Von außen wirkt es, als hätten die Baufirmen wenig Interesse daran, dass der BER fertig wird. Sie verdienen ja ganz gut am Umbau.

Bei dem teilweise katastrophalen Verlauf am Bau in der Vergangenheit ist verständlicherweise in den Hintergrund geraten, dass wir trotz alledem große Schritte vorangekommen sind. Wir haben es geschafft, eine Brandschutzanlage komplett umzubauen, wir haben 850 Räume neu an die Entrauchung angeschlossen, wir haben die Zahl der Sprinklerköpfe verdoppelt, wir haben die gesamten Kabeltrassen saniert. Wir haben den Flughafen zum ersten Mal seit dem Desaster von 2012 in einem baurechtlich genehmigtem Zustand. Das wird, bei aller berechtigten Kritik, leider oftmals übersehen.

In vielen Bereichen werden jetzt Schritt für Schritt die Mängel beseitigt. Sachverständige begehen die Baustelle, das ist viel Arbeit, die man nicht auf den ersten Blick sieht. Diesen Prozess werden wir im Wesentlichen in diesem Jahr abschließen.

In der „Endkurve“ ist das Projekt schon sehr lange, jedenfalls nach den Verlautbarungen. Doch es kamen immer wieder neue Probleme. Was macht Sie so sicher?

Als 2014 der Eröffnungstermin 2017 genannt wurde, hat man den Umfang der noch anstehenden Arbeiten unterschätzt. Es hat dadurch ein Jahr länger gedauert, die Baugenehmigung zu erhalten. Erst jetzt sind wir in der Phase, wo wir mit den Planungen fast komplett fertig sind.

Ihr Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider meint, neue Rückschläge seien so sicher wie das Amen in der Kirche.

Wir sind beide Realisten. Deshalb werden wir in den neuen Terminplan, den wir im Sommer fertig haben wollen, Puffer einbauen, um mit möglichen Risiken umgehen zu können.

Das spricht aber doch eher für eine Inbetriebnahme 2019, oder?

Unser Ziel ist 2018.

Weil der Kostenrahmen von 6,5 Milliarden Euro gesprengt wird, wenn es länger dauert?

Wir haben von den Gesellschaftern einen klaren Auftrag bekommen: Wir sollen mit dem beschlossenen Finanzrahmen zurechtkommen. Wir haben im Februar die von der EU genehmigte Finanzierung umgesetzt und der Vertrag mit den Banken ist unterzeichnet. Das gibt uns eine finanzielle Grundlage bis 2020. Ab 2021 wollen wir dann finanziell selbstständig sein, weil wir mit dem neuen Flughafen deutlich mehr Erträge als bisher erwirtschaften können. Es ist ausreichend Liquidität vorhanden, um den BER fertig zu bauen.

Sie simulieren im Terminal derzeit Brand-Szenarien mit sogenannten Heißgasrauchversuchen. War der Umbau der Brandschutzanlage im Hauptterminal erfolgreich?

Bislang verlaufen die Versuche positiv. Im Nordteil sind sie weitgehend abgeschlossen, im Südteil haben wir jetzt angefangen. Im zentralen Bereich stehen sie noch aus.

Gibt es ein großes Fest, wenn der Flughafen endlich in Betrieb geht?

Es gibt keinen Grund für eine große Party. Das wäre nicht angemessen, nach all den Verzögerungen. Also: Keine Pauken und Trompeten. Das wichtigste ist, dass der neue Flughafen endlich in Betrieb geht.

Die Berliner stimmen im September in einem Volksentscheid ab, ob der Flughafen Tegel wirklich schließen soll, nachdem der BER eröffnet wurde. Wäre es nicht gut für sie, wenn Tegel offen bliebe und sie damit vier statt nur zwei Start- und Landebahnen zur Verfügung hätten?

Mit dem Ergebnis eines Volksentscheids müssen sich zunächst die Gesellschafter befassen. Für den Flughafen ist es wichtig, dass man sich an die Dinge hält, die man verabredet hat. 1996 wurde der Beschluss gefasst, Tegel und Tempelhof zu schließen und dafür den „Single Airport“ BER zu bauen. Das entlastet mehr als 100 000 Menschen von Fluglärm. Das hat auch das Bundesverwaltungsgericht zu der Entscheidung bewogen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtsgültig ist. Eine Doppelstruktur von Tegel und BER wäre sehr teuer. Außerdem ist die Konzentration des Luftverkehrs auf einen Flughafen aus wirtschaftlichen Gründen notwendig, damit sich Umsteigeverbindungen entwickeln können und neue Langstreckenverbindungen hinzukommen.

Aber heute fliegen dreimal so viele Passagiere von und nach Berlin als 1996.

Umso mehr spricht für einen zentralen Flughafen mit ausreichenden Kapazitäten. Auf den bestehenden zwei Start- und Landebahnen des BER können 60 Millionen Passagiere fliegen. Heute haben wir 33 Millionen. Das Landebahnsystem reicht also völlig aus. Aber es gibt Entwicklungsbedarf an anderer Stelle. Mit dem Terminal T1-E machen wir einen ersten Erweiterungsschritt. Die weiteren Schritte definieren wir in diesem Jahr in einem Masterplan.